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medienbeobachtungen

Donnerstag, 16. Dezember 2010

Reise-Ressort der SZ überrascht (2)

Die SZ überrascht erneut mit einem Reise-Aufmacher. Großes Foto über die ganze obere Seitenhälfte, ein Taxi in der New Yorker Nacht. Kann man sich als Poster aufhängen. Titel: "Freunde der Nacht - Acht Städte im Taxi: Wer einen fremden Ort erleben will, muss nur einsteigen. Und einen guten Fahrer haben." Es folgen kurze Texte aus Shanghai, Kalkutta, Hamburg, Bratislava, Cairns, Caracas, Jinka, Damaskus. Schöne Idee.

Zuletzt überrascht worden war ich von einem Reise-Stück über New Yorker U-Bahnen. Das Auto-Ressort überraschte mit einem Portrait über einen außergewöhnlichen Motorradtuner aus Los Angeles.

Eigentlich erwarte ich im Reise-Teil einer Zeitung keine guten Texte. Kein Wunder, wo doch kaum noch eine Tageszeitung eine eigene Reise-Redaktion hat. Alles outgesourct oder zumindest kaputtgespart. Insofern bin ich immer wieder überrascht, doch Mal einen richtig schönen Text in der Reise, oder eben auch im Auto-Ressort, zu lesen. Auch als Journalist bekomme ich in solchen Momenten durchaus Lust, doch mal einen Text für ein Reise-Ressort zu schreiben.

Samstag, 11. Dezember 2010

Thomas Gottschalk verteidigt gefährliche Wetten

Nach dem Unfall von Samuel Koch bei "Wetten, dass ...?" wird viel über die Zukunft der Sendung geredet. Immer hört man aber, es müsse erst alles geprüft und untersucht werden, bevor man irgendwas entscheiden könne. Das erinnert mich an die Loveparade. Bei vielen Unfällen sagen die Verantwortlichen erstmal, man müsse alles prüfen. Damit ersparen sie sich ein Schuldeingeständnis beziehungsweise ein Abstreiten aller Schuld.

Auch Thomas Gottschalk sowie der ZDF-Intendant Markus Schächter und der ZDF-Programmchef Thomas Bellut sagen, es müsste erst mal alles geprüft werden.

Muss es das? Führen wir uns den Stunt noch mal vor Augen. Ein junger Student mit Nebenberuf Stuntman läuft mit Sprungfedern auf ein auf ein ihn zufahrendes Auto zu. Mit einem Vorwärtssalto will er über das Auto springen. Bei manchen, aber nicht allen "Wetten, dass ...?"-Wetten gibt es Risiken. Bei einem Stunt immer. Samuels Kochs Wette zeichnet sich dadurch aus, dass das Risiko seiner Wette zugleich die eigentliche Herausforderung ist. Koch musste es schaffen über die immer größer werdenden Autos zu springen, ohne beim Salto mit dem Hinterkopf von dem Auto erfasst zu werden. Der Unfall war also nicht nur ein Unfall, sondern das einzuplanende Scheitern. Samuel Koch musste seinen Unfall einkalkulieren. Um das zu Verstehen, muss man kein Stuntman sein.

Thomas Gottschalk sagt nun gegenüber dem Spiegel: "Wenn ich gedanklich alle 'Wetten, dass..?'-Sendungen durchgehe, die ich in 23 Jahren moderiert habe, bestand womöglich in mehr Fällen Lebensgefahr, als es mir aus heutiger Sicht lieb sein kann." Soviel zu seiner Selbstkritik. Dann sagt Gottschalk: "Jedes Ski- oder Formel-1-Rennen halte ich für tausendmal gefährlicher als das, was bislang bei uns zu sehen war. Für mich ist jeder Snowboard-Sprung ein potentieller Suizidversuch."

Das sagt viel über Gottschalk aus. Jeder Snowboard-Sprung ein potentieller Suizidversuch? Das ist wirklich lächerlich. Und der Formel-1-Vergleich? Vor Jahrzehnten war die Formel-1 außer Frage lebensgefährlich. Jede Fahrt. Heute prallen die Autos mit 200 Stundenkilometern in einen Reifenstapel, doch die Fahrer steigen unverletzt aus ihren Monocoque-Cockpits.

Gottschalks Vergleich soll die Wette von Samuel Koch und Wetten, die ähnlich gefährlich sind, entschuldigen, ja legitimieren. Thomas Gottschalk ist also entweder egal, wenn Menschen ihre Gesundheit in seiner Show ernsthaft riskieren oder er nimmt es zugunsten der Show in Kauf. Wenn die anderen Verantwortlichen beim ZDF auch so denken, wird es nur eine Frage der Zeit sein, bis Gottschalk wieder fragen wird: "Weh getan?"

Mittwoch, 1. Dezember 2010

SZ mit russischem Amtsblatt

Der Süddeutschen Zeitung lag heute das Zeitungsblättchen Russland Heute bei. Ab sofort einmal jeden Monat. Die Beilage liegt, jeweils in der Landessprache, elf Zeitungen bei, unter anderem der Washington Post, El País und La Repubblica. Das Mutterblatt von Russland Heute heißt Rossijskaja Gaseta und ist nach eigenen Angaben die größte überregionale Zeitung Russlands. Sie ist aber auch das offizielle Amtsblatt der russischen Regierung. Im Blatt selber heißt es, man sei unabhängig. In der Tat gibt es in der ersten Beilage einen kritischen Artikel über ein umstrittenes Moskauer Autobahnprojekt. Für den Bau soll Wald abgeholzt werden. Zuletzt wurde der Kommersant-Reporter Oleg Kaschin halb tot geschlagen, weil er kritisch über den Bau berichtet hatte. Trotz des kritischen Artikels in Russland Heute bleibt die Frage, warum ein russisches Amtsblatt, das Beteuerungen und kritische Artikel hin oder her, ein Verkündungsorgan der russischen Regierung ist, der Süddeutschen Zeitung beiliegt.

Sonntag, 28. November 2010

Die Pest des Internets: Online-Werbung

Es ist schizophren. Als normaler Internetbenutzer, der nicht wahnsinnig werden möchte, benutze ich einen Werbeblocker. Diese blinkende, sich über den ganzen Bildschirm ausbreitende, mit Ton versehene Werbung ist einfach unerträglich. Die Pest des Internets. Gleichzeitig werden damit Einnahmen generiert, die indirekt mein Gehalt als Online-Journalist finanzieren. Schöner wird diese Werbung dadurch aber auch nicht.

Die Werbetreibenden sollten den Mut haben, auf ruhige Online-Werbung zu sezten. Schöne Bilder, vielleicht mit dezenter Animation beim Mouse-Over, mehr nicht. Im Print gibt es wunderschöne Werbung. Ich finde die ein oder andere Print-Werbung sogar richtig ästhetisch. Online-Werbung hingegen ist fast per se abschreckend. Die Werber graben sich mit ihrem Jahrmarkt-Geblinke selber das Wasser ab, und indirekt auch dem Journalismus.

Samstag, 6. November 2010

Wie die RTL-Geschäftsführerin mit Rotwein und Journalisten nette Fernsehabende verbringt

RTL hat offenbar eine erfolgreiche PR-Abteilung. Sie wissen oder glauben dort, dass Journalisten gerne etwas Außergewöhnliches machen. Deshalb bieten sie Pressetermine an, bei denen Journalisten mit der RTL-Geschäftsführerin Anke Schäferkordt in einem Hotel gemeinsam Fernsehen schauen können. Klingt ja irgendwie originell.

Wenn nun allerdings die Süddeutsche Zeitung heute ohne jeglichen Aufhänger oder Grund über so einen Fernsehabend berichtet, nachdem vor knapp zwei Jahren Die Zeit exakt das Gleiche gemacht hat, dann ist das schon verwunderlich. Sowohl Lars Albaum (SZ) als auch Anna Marohn (Zeit) fanden den Termin aber anscheinend nett. Vielleicht wegen des Alkohols. Am Ende des Zeit-Textes: "Der Wein ist fast ausgetrunken." SZ: "Die Weinflasche ist leer." (27.10.10)

Nachtrag vom 6. November 2010: Anna Marohn sagt dazu: "Die RTL-PR-Abteilung hat das damals nicht angeboten, die Idee mit dem Fernsehabend kam allein von uns."

Freitag, 5. November 2010

Am Ende der Subway

Gestern ist schon wieder ein sehr schöner Reise-Artikel in der SZ erschienen: "Übers Ziel hinaus". Ein Reise zu fünf U-Bahn-Endstationen in New York. Klingt banal, ist aber zauberhaft geschrieben. Das liest sich zum Beispiel so:

Mit der SIR bis Tottenville, Staten Island

Dass man hier verdammt weit weg ist von jenem New York, das man gut zu kennen glaubt - das merkt man spätestens beim Verlassen der Station in Tottenville: Es gibt kein Drehkreuz. In den 468 anderen Subway-Stationen müssen Passagiere ihre Fahrkarte durch einen Schlitz ziehen, bevor sie gehen dürfen; hier fehlt das. Es fehlt sogar die Tür. Was damit zu tun hat, dass auch die Passagiere fehlen: Im Zug eben war niemand mehr. Außer dem Schaffner. Der geht jetzt hinüber zum Meer, einen Beutel trockener Brotreste hat er dabei, damit füttert er die Möwen ...

Mittwoch, 3. November 2010

Moderator adé

Ein Vergewaltigungsvorwurf hat schon so manche öffentliche Karriere vernichtet. Auch die von Jörg Kachelmann. Gegenüber bild.de sagt er: "Ich werde nach all dem keine Wettersendungen mehr moderieren können. Nachdem Staatsanwaltschaft und Medien mein angebliches Privatleben gewaltsam öffentlich gemacht haben, wärs mit dem Blumenkohlwolken-Onkel wohl schwierig." Künftig wolle er nur noch als Redakteur bei seiner Firma Meteomedia AG arbeiten.

Sonntag, 31. Oktober 2010

Dilma wer?

Wahnsinn. Da wird in Brasilien zum ersten mal eine Frau zur Präsidentin gewählt und was passiert auf vielen deutschen Online-Nachrichten-Seiten an diesem Sonntag kurz vor Mitternacht? Gar nichts! heute.de, tagesschau.de, stern.de, focus.de, faz.net, taz.de, ftd.de, zeit.de: nichts. Immerhin spiegel.de, sueddeutsche.de und handelsblatt.de haben die Meldung, als Aufmacher natürlich. fr-online.de hat die Meldung auch, bin ja noch im Dienst.

Freitag, 29. Oktober 2010

Di Lorenzo erklärt die Zeit per Video

Bereits seit Februar bietet die ZEIT einen besonderen Service für Abonnenten. Die Themen der kommenden Ausgabe werden nicht nur per Newsletter angekündigt, sondern auch auf zeit.de von Chefredakteur Giovanni di Lorenzo in einem Video persönlich. Man fühlt sich sofort in eine Redaktionskonferenz versetzt, wo die Themen vorgestellt werden. Wirklich eine schöne Idee.

Die Videos können von jedem online gesehen werden, sind aber eigentlich nicht zu finden, wenn man die URL nicht kennt. Dabei ist diese Vorstellung der neuen Ausgabe gerade für Nicht-Abonnenten besonders interessant.

Mittwoch, 18. August 2010

Ergo was?

Endlich hat mal einer was gegen diese elendigen Ergo-Plakate geschrieben. Vollkommen unseriös die Werbung. Statt auf superlässig zu machen, hätten sie lieber erklären sollen, wer oder was eigentlich Ergo ist und wo der Versicherer herkommt. Hier die Stilkritik aus der heutigen SZ.

Der neue hat es nie leicht. Und je länger der Alte da war, desto schwerer wird es. Das gilt fürs Zwischenmenschliche und erst recht fürs Finanzielle - schließlich lassen sich die Deutschen eher scheiden, als dass sie die Bank wechseln. Herr Kaiser war verdammt lang da: 35 Jahre verkaufte er im Dienst der Hamburg-Mannheimer Versicherungen. Vergangenen Herbst musste er abtreten, weil seine Sparte in der Ergo-Gruppe aufging. Also erst mal Respekt für den Neuen - das ist Sebastian Ströbel. Der 33-Jährige hatte mal eine Rolle in "Kommissar Rex", jetzt macht er Werbung für Ergo. Auf den Plaketen fläzt er sich mit Brad-Pitt-Bart in einem Lederdrehstuhl, und im TV-Spot sagt er Sachen wie: "Könnt ihr nicht einfach mal aufhören, mich zu verunsichern, und anfangen, mich zu versichern?" Dann setzt er Kopfhörer auf und hört Norah Jones, im Regal seiner Hamburger Altbauwohnung steht eine Plattensammlung.

Aber der Neue hat ein Problem: Herrn Kaiser. Der war kein lässiger Altbaumieter, eher der Typ freistehendes Einfamilienhaus. Er trug Anzug und Lederschuhe. Um lässig rüberzukommen, lockerte er höchstens die Krawatte oder kickte den WM-Fußball. Herr Kaiser hätte niemals gejammert, sein Leben sei kompliziert. Er wusste immer genau, was zu tun war. Spießig, dafür kaiserlich versichert.

Der Neue hat nicht mal einen Namen. Dafür ist er genau der Typ, der auch für unangekündigte Gäste immer eine Flasche Rotwein auf den Tisch stellt. Aber eben auch einer, der eine Anleihe nicht von einer Aktie unterscheiden kann, der einer netten Beraterin Bonus- und Bottomless-Zertifikate locker abnehmen würde. Davon gibt es schon genug! In Zeiten, wo nicht mal das zinslose Sparbuch sicher ist, braucht es für Haftpflicht, Riester-Rente und Berufsunfähigkeitszusatzversicherung Leute wie Herrn Kaiser: Sie haben die Finanzkrise verstanden und die einzig richtige Lösung provisionsfrei parat. Bei Versicherungen ist es halt wie im zwischenmenschlichen Bereich: Auf Dauer geht es nicht ohne ein Quäntchen Spießertum. Corinna Nohn


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Danke
Vielen Dank für diese Sätze: "Es sollte eine sehr gute...
Johanna (Gast) - 2013-12-05 10:34
Gut analysiert. Nur bei...
Gut analysiert. Nur bei der politischen Ausrichtung...
7an - 2013-10-10 15:08
Kein Interesse
Nur eine kurze Anmerkung. Journalisten denken von ihrem...
Otto Hildebrandt (Gast) - 2013-10-10 14:08

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