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Donnerstag, 4. Mai 2006

1985

Es war Sommer. Ich stand an der staubigen Hofeinfahrt - beinahe ein Feldweg - und sinnierte vor mich hin. Wir wohnten damals noch zur Miete. Im Haus meiner Großtante. Sie oben, wir unten. Keine Stadtwohnung, sondern eine mit Wiese, Schaukel und einem Gartenschuppen aus beinahe schwarzem Holz. Über mir blitzte das Sonnenlicht durch die Baumwipfel. Ich verharrte in diesem Augenblick und dachte: "Scheiße Jan, jetzt bist Du schon fünf Jahre alt."

Hört auf Calvin

calvin

Mittwoch, 3. Mai 2006

Meine Welt im Schulranzen

Anna ärgert sich. Sie darf noch keinen Schulranzen tragen. Obwohl sie so gerne Schulkind sein möchte. Ich kann Anna verstehen. Sehr gut sogar. Ich bin zwar kein Schulkind mehr, aber Student. Das ist eigentlich nichts anderes. Na gut, zwischendurch bin ich erwachsen geworden (seit einem Jahr fühle ich mich sogar wirklich so). Ich bin zu Hause ausgezogen und habe hier und da gejobbt und hospitiert. Und doch bin ich ein Schulkind geblieben. Ein Bildungskind um genau zu sein. Man kann so viele Praktika machen, wie man möchte. Solange man nicht fest im Berufsleben steht oder stand, ist man ein Bildungskind. Ich bin 26 Jahre alt und ich kenne nichts anderes. Mein ganzes Leben habe ich in Schule und Uni verbracht.

In gut einem Jahr wird es vorbei sein. Ein schöner Gedanke, fertig zu sein. Nicht als Langzeitstudent zu enden (Bei acht Semestern bis zum Diplom drohte wohl keine Gefahr). Geld zu verdienen wäre auch nicht schlecht. Trotzdem: Ich habe Angst. Nicht, weil ich dann wirklich arbeiten muss. Das Studentenleben ist schon angenehm, aber richtiger Journalist zu sein, ist sicher sexy. Weiße Hemden tragen, abends immer Scotch trinken und so. Vielleich auch einfach weniger Clooney-Filme schauen. Nein, ganz ehrlich. Ich genieße es, mit einem Dutzend anderer Studenten in der Uni zu sitzen, der Professorin zu lauschen und angeregte Debatten zu führen. Ich mag mittlerweile sogar klassische Literatur und Klaviermusik. Ich bin kein Brotstudent, wie Schiller diejenigen nannten, die nur für ein "Amt" lernen und nicht mit den Wissenschaften "den Geist nur als Geist vergnügen". Solche Kommentare unterstütze ich dann gerne mit Aussagen des Deutschlandfunks. In deren Politischem Feuilleton hieß es vor kurzem: "Wo aber bloß Anwendungswissen und schnelle Abschlüsse ganz oben stehen, wird sich eine weitergehende Intellektualität, die Lust auf Diskurs [...] kaum noch entwickeln können." Klingt wichtig. Ist es auch.

Ich brauchte bis zur elften Klasse, um zu erkennen, dass Bildung interessant sein kann. Kein Wunder, in der Realschule, in der ich vorher war, lernte man ja nicht einmal selbständig zu denken. Unterricht ist wie eine Blume mit hauchdünnen Blättern. Wird der Wind zu stark, zerreißen sie und die Schönheit ist dahin. Dieser Wind kann auch ein nur mäßig engagierter Lehrer sein. Meine Blume hat ihre Zeit bald hinter sich. Obwohl es noch soviel neues zu lernen gibt.

Manchmal wäre ich gern noch mal auf dem Gymnasium. Okay, auf manche Fächer könnte ich verzichten. Aber wieso habe ich ständig dieses Gefühl, etwas verpasst zu haben?
Nach dem Zivildienst war noch alles in Ordnung. Viel Perspektive. Doch schon mit dem ersten Unitag bereute ich, dass ich schon acht Semester später fertig sein würde. Ich kann mir nicht vorstellen mein Studentenleben vollends und endgültig zu verlieren. Ich werde auf dem Weg zur Arbeit Studenten sehen, ich werde auf WG-Partys mit Studenten anstoßen. Verdammt noch mal, ich bin doch noch so jung. Apropos: Kann man eigentlich irgendwo in netter Runde Latein lernen?

Dienstag, 25. April 2006

She's gone

bandit

Alles im Leben kann nur zu einer bestimmten Zeit erblühen und wird sich nie mehr in dieser Form wiederholen. So vieles, welches noch vor Jahren im Mittelpunkt meines Lebens stand, ist verblasst; die Passion verklungen, wie ein schönes Lied mit dem letzten Ton. Es ist das erste Mal, dass ich diesen Wandel an mir selbst erlebe. Mit Anfang 20 dachte ich noch, ich würde irgendwie derselbe bleiben, der ich war. Blieb ich auch. Doch die Augen, mit denen man die Welt wahrnimmt, ändern sich. Der Mensch scheint wie die Figur eines Bildhauers zu sein. Und selbst dieser mag nicht immer wissen, woran er letztlich arbeitet.

Meine Bandit war lange Jahre ein Teil von mir. Ich erinnere mich an viele Abende in Straßencafés, wo ich mit Motorrad fahrenden Freunden einkehrte. Es war dieser Hauch von Unbändigkeit, der in uns wehte. Es war das Knistern des Motors neben einem, das die Sehnsucht befeuerte. Es war das Vermummen mit dem Tuch vor der Fahrt, welches dieses Versprechen nach Ferne und Freiheit gab. Okay, es roch einfach verdammt muffig, aber das schmälerte die Poesie nicht.
Es war das Überstülpen des matt-schwarzen Helmes, der einem ein anderes Reich offenbarte. Als hätte man den Kopf in einen Teich gesteckt und wäre in einem Feenreich erwacht. Nur erzählten dort die Sagen von schwarzem Asphalt, rot-vibrierenden Drehzahlmessern und Benzin getränkter Luft. Und sie flüsterte, dass es nichts als die Straße vor einem gab. Diesen Helm setzte man auf und erweckte dieses kompromisslose, doch treue Tier zum Leben.

Der große Sekundenzeiger verlangsamte sich ... blieb stehen. Und man jagte hinaus ins Dunkel - nur dem Puls des Herzens aus Blut und Stahl gehorchend.

Montag, 24. April 2006

Die Ego-WG

scotch_blog

Der Umzug ist vollbracht. Fast drei Monate aus dem Koffer zu leben macht nicht wirklich Spaß. Okay der Koffer war mein bis unters Dach voll geladenes Auto. Trotzdem verstehe ich nicht, wie manche Studenten nur mit "Handgepäck" ihr Studium durchziehen können - teilweise sogar in uniform möblierten Studentenwohnheim-Zimmerchen. Es geht. Sicher. Aber wenn abends das weiche Holz des mit Erinnerungen behafteten Bücherregals im Kerzenschein schimmert, wenn man auf der Couch liegt und das Scotchglas schwerer wird, kurz: wenn man sich über die eigenen vier Wände freut, verflüchtigen sich Umzugs- und Renovierungsmühen und die eher geringen Mehrkosten zu einem WG-Zimmer. Fehlt bloß noch das DSL-Equipment. Cheers.

Freitag, 31. März 2006

März

Morgen ist der März schon wieder vorbei. Mein Geburtstagsmonat. Dieses Jahr war der März recht ereignislos und auch ansonsten eher trist. Ich verneige mich trotzdem vor ihm, dem Monat der geistreichen Taugenichtse.

Nachtrag vom 7. April: Wie das immer ist mit der Wertung. Eine Frage des Blickwinkels. Nein, ereignislos war der März wirklich nicht. Er war voller Melancholie und Sehnsucht und auch sie waren schön. Der März war aber auch ein Monat der Erkenntnis und der Heilung. Heilung von Wunden, die es gar nicht hätte geben dürfen. Wunden, die die Enttäuschung gebar. Sie widerrum wuchs nicht auf vollends realen Begebenheiten. Die Erkenntnis. Doch wo endet die Virtualität und wo beginnt die Realität?

Donnerstag, 30. März 2006

Schülerzeitung

Aus meinem Grundschulzeugnis. Schuljahr 1990/91, Klasse 4b.


Jan hat [...] mit Eifer an der AG Schülerzeitung teilgenommen.


Wie cool. Das hatte ich ja völlig vergessen.

Sonntag, 26. März 2006

Samstag Nacht

Ich war schon lange nicht mehr auf einen Samstag Abend aus gewesen. Letztlich tat ich es auch immer nur in der vagen Hoffnung, ein paar außergewöhnliche Augen zu finden. Normale Augen interessierten mich nie. Doch das wusste ich damals noch nicht.

Vorhin überlegte ich trotz allem hinaus zu fahren. Dann flackerten die Erinnerungen aus hunderten Nächten hervor. Einsame Nächte in überfüllten Diskotheken.

Zeitraffer

Schöne Sache, wenn der Funkwecker neben einem einfach mal ne Stunde durchrattert. Dieses Mal hätte ich es vollends verpeilt.

Freitag, 10. März 2006

Paris

Einfach in den Zug setzen und nach Paris fahren. Achteinhalb Stunden mit verschiedenen Menschen unterhalten, Landschaften beobachten und Lektüre lesen. Irgendwann am frühen Nachmittag ankommen und das Herz Frankreichs erkunden. Cafés mit knirschenden dunklen Dielen, Shakespeare & Company, der wohl zauberhaftestete Bücherladen der Welt, Heinrich Heines Blick, Kaffee und Croissant an Seine, bei Sonnenuntergang mit jemandem eine Flasche Rotwein teilen, sich einfach treiben lassen. Nur eine Idee?

Donnerstag, 9. März 2006

Was nützt die Liebe in Gedanken?

Berlin in der 20er Jahren des vergangenen Jahrhunderts. Günther und Paul, Freunde vom Gymnasium, verbringen ein Wochenende in einem Sommerhaus. Sie philosophieren über das Leben und seinen höchsten Punkt. Das jedoch impliziert die Folgerung, dass es danach nur noch schlechter werden kann. Ein Drama über das Leben und enttäuschte Liebe, basierend wahren Begebenheiten.

liebe_gedanken2

Ein wirklich hervorragender Film. Ich habe ihn vor ein paar Monaten gesehen und möchte besonders die außerordentlich liebevoll gestaltete Website zum Film empfehlen.

Der Filmhinweis steht in keinem Kontext zu anderen Blogeinträgen und persönlichen Begebenheiten

Dienstag, 7. März 2006

Verfluchtes Web 2.0

Was nützt der ganze virtuelle Kram eigentlich? Ist es nicht nur Show? Bereichert er den Alltag wirklich, oder nimmt man nicht immer weniger die Mühe in Kauf raus zu gehen? Weil ja im Netz alles "spannender und netter" ist. Otherland lässt grüßen. Vorurteil, wird aufgeschrien. Es sei nur eine Sache der Mäßigkeit. Doch wie viele halten Maß? Wo ist die Grenze? Ist es paradox, dass ich die Fragen in einem Blog stelle? Der Alltag darf nicht im Netz stattfinden, klar. Sicher, man hat Freunde, reale Aktivitäten, doch wie viele Jugendliche und junge Menschen verbingen ihre Nachmittage, den Abend und ganze freie Tage vor dem Rechner? Ich gehöre ja selbst dazu.

Ich grabe mir einen Parkplatz

Gemächlich ruhte ich vor dem Fernsehapparat. Nachrichten liefen. Schneechaos in München. Soso. Die Armen. Das sieht aber schlimm aus, dachte ich mir. Oh, ich bin ja selbst gerade dort. Kommt davon, wenn man seit drei Tagen nicht draußen war. Vorhin wagte ich es dann doch. Ich wollte ich noch "schnell mit dem Auto“ was einkaufen und zum Waschsalon. Nachdem ich dann zwecks fehlender Schaufel mit meinem Bast-Wäschekorb-Deckel meinen Wagen ausgegraben hatte - Gott hab ihn selig (den Bastdeckel, nicht den Wagen) ging’s auch prompt los. Ist ja alles halb so wild, freute ich mich. Bis ich später wieder einen Parkplatz suchte. Nicht, dass man schon im Normalfall einen Platz im Umkreis von zwei Kilometern suchen muss, nein, jetzt waren auch noch die einzigen freien Plätze von den Räumfahrzeugen in Schneeberge veritablen Ausmaßes verwandelt worden. Gut, dass ich keine Schaufel dabei hatte. Es war immer schon mein Traum, mit meinen eigenen Händen einen Parkplatz zu graben. Und morgen: Wie ich auf dem Weg zur U-Bahn den falschen Schneetunnel wählte.


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Vielen Dank für diese Sätze: "Es sollte eine sehr gute...
Johanna (Gast) - 2013-12-05 10:34
Gut analysiert. Nur bei...
Gut analysiert. Nur bei der politischen Ausrichtung...
7an - 2013-10-10 15:08
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Nur eine kurze Anmerkung. Journalisten denken von ihrem...
Otto Hildebrandt (Gast) - 2013-10-10 14:08

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