Habt ihr eigentlich gewusst, dass
Joaquin Phoenix der jüngere Bruder von
River Phoenix ist?
Weserpromenade vor dem hamelner Kulturzentrum Sumpfblume. Foto: 7an
Hübsch beschaulich ist es, im Spätsommer mit der Regionalbahn durch die niedersächsische Savanne in Richtung Hameln zu rollen: Draußen wogen die Felder golden, auf burgenbestandenen Hügeln stehen Wälder in staubigem Grün. Die schmalen Landstraßen sind so angenehm leer, dass man ideal Rad fahren könnte oder einfach spazieren gehen, mit einem Sonnenschirm in der Hand wie in russischen Romanen. Solche Sachen kommen einem im Weserbergland in den Sinn. - Christian Kortmann
Schon erstaunlich, welch Gewicht doch jenes in der Ferne bekommt, welches man Heimat nennt. Oder wie könnte es sonst sein, dass mich selbst dieses rustikal-verstaubte
Niedersachsenlied (mp3) bewegt?
Eine Panikschrift über die Fesseln des bürgerlichen Lebens
In Kürze ist das Jahr vorbei, die weihnachtlichen Erinnerungen schon wieder halb verblasst, der Restalkohol von Sylvester ausgenüchtert. Dann ist Januar.
Der Januar wird mein letzter richtiger Monat als Student sein. So mit richtigem Studentenleben, zur Uni fahren, Kurse besuchen und so weiter. Dann folgt zwar noch das Diplom und wirklich exmatrikuliert bin ich erst im September. Aber trotzdem: Nach Weihnachten kommt nur noch ein Monat.
Ich beginne jetzt schon manche Menschen zu vermissen. Ich sehe mich alleine in einer kleinen Wohnung in Hamburg oder München sitzen. Gestopft in ein Gefäß, das sich Berufsalltag nennt.
Eigentlich ist die Vorstellung nichts schlecht. Natürlich möchte ich mal namhafter Online-Feuilletonist werden oder das, als was ich das definiere. Schließlich werde ich mein Diplom über die Zukunft des Feuilletons schreiben und der Frage nachgehen, wie das Feuilleton wieder die jungen Menschen erreichen und sich ihrer Debatten annehmen kann. Ich bin auch kein wilder Abenteurer, der mal in Afrika eine Farm aufbauen möchte, oder jemand, der ruhelos durch die Welt zu treiben gedenkt. Nein. Natürlich ist es mit wichtig, irgendwann meinen tollen Job, ein Haus, Frau und Kinder zu haben. Aber auch wenn ich manchmal weit voraus denke. So weit bin ich noch nicht.
Wie gesagt: Ich sehe mich allein in einer kleinen Wohnung. Meine Freunde alle weg. Ein netter kleiner Job, ein paar nette Kollegen. Ein Tag beginnt und zehn Jahre enden. Wo werden die Möglichkeiten sein? Wo wird das Neue sein? Wo wird das Unvorhersehbare sein?
Ich sehe mich in einem Jahr genau wie jetzt Damien Rice hören und ein Glas Wein trinken. Dabei werde ich auf ein Blatt Papier starren. Es hat fast kein Ende. Lauter Tage stehen drauf. Daten und was ich dort gemacht haben werde. Jede Woche ähnelt sich. 2008. 2009. 2010. 2015. 2020. Die banalste und unergründlichste Frage der Welt wird mir jeden Tag im Kopf dröhnen: Wofür leben? Oder anders: wofür sterben? Schließlich stirbt jeder Mensch an seinem Leben und an nichts anderem. Und wie dieser Tod sein wird, liegt bei jedem selbst.
Schon jetzt bin ich in die Zwänge des Geldes geraten. Eine eigene Wohnung, ein großes Auto und ein Klavier kosten ziemlich viel Geld. Es ist die Sklaverei der Annehmlichkeiten. Und leider liegt es in der Natur der Sache, dass man nie einen Schritt zurück machen möchte. Werden mich also meine Ansprüche an den Alltag versklaven und an diesen ketten?
Ich habe das Glück, Eltern zu haben, die mich immer großzügig unterstützt zu haben. Vielleicht hat es mir auch die Angst in Herz gepflanzt, keine geordneten Verhältnisse zu haben, nicht alles im Griff zu haben.
Mittlerweile scheine ich meinen Eltern zumindest ein wenig nahe gelegt zu haben, dass ich nach dem Studium noch zumindest zwei, drei Monate ins Ausland muss, um mein Englisch aufzubessern. Dahinter steckt natürlich auch, noch einmal alles hinter sich zu lassen, etwas völlig neues zu erleben. Doch auch da schwebt schon wieder das monetäre Damoklesschwert über mir. Geld, Job, strukturierter Lebenslauf. Die bürgerliche Vita ist eine Nanny mit eisenhartem Griff.
Und wir wäre es, alles über Bord zu werfen?
Wohnung aufgeben ohne Pläne zu haben. Keinen Berufsstart vorbereitet zu haben. Das Klavier wieder zum Händler bringen. Das Auto stilllegen. Ein Flugticket kaufen und verschwinden. Einfach so. Bestenfalls mit zwei- bis dreitausend Euro in der Tasche, eher viel weniger. Kein Auslandspraktika, das auf einen wartet, kein fester Job, keine Uni, kein Ziel.
Die ganze Welt stünde mir offen. Oh, ich höre die laute Stimme meines Vaters, wie wahnsinnig man sein könne. Man müsse eine detaillierte Reiseplanung haben, die Kosten durchgerechnet, die Hotels und Unterkünfte gebucht. Doch wie frei ist man, wenn man auf einem Schlitten sitzend durch die Welt gezogen wird?

Vor ein paar Wochen habe ich angefangen, interessante Bücher, die mir in den Sinn kamen, aufzuschreiben - noch gar nicht berücksichtigend, dass bald Weihnachten ist. Gestern habe ich dann mal die Liste ausgesiebt und war so ehrlich, Titel zu streichen, an denen ich vermutlich doch keine Freude gehabt hätte. Dazu gehörten: Joachim Fests Hitler-Biographie, Thomas Manns Buddenbrooks und James Joyces UIysses. Übrig geblieben auf meiner
Amazon-Wunschliste sind folgende Werke:
Hunter S. Thompson, The Rum Diary: 1959, Kaff in Purto Rico, besoffene Journalisten, Fratze eines Idylls, Gedanken übers Altern.
Jack Kerouac, Unterwegs: Roadtrip, 50er Jahre USA, Be-Bop, Frauen, Gras, Freiheit, Glück, Freundschaft.
Benjamin von Stuckrad-Barre, Soloalbum: Kerl verliebt sich in Ex, die im vorher recht egal war.
Nick Hornby, A Long Way Down: Fünf Menschen wollen Sylvester vom Hochhaus springen, fangen aber an sich selber zu therapieren.
Oscar Wilde, Das Bildnis des Dorian Gray: Jüngling gerät in Fänge von einem Dandy, lebt exzessiv, die Spuren zeigen sich aber nur auf seinem Portrait.

Die Frankfurter Allgemeine Zeitung und der Süddeutsche Verlag (Süddeutsche Zeitung) haben gegen den
Perlentaucher geklagt und vor ein paar Tagen verloren. Dieser bietet täglich eine kostenlose Presseschau durch das deutsche Feuilleton und verweist auf die Originalartikel. Kostenlose Werbung könnte man behaupten, sehen aber wohl FAZ und SZ nicht so. Ihr Verhalten wurde sehr schön von dem
Filmblogger David Hudson komentiert:
To the Süddeutsche Zeitung and the Frankfurter Allgemeine Zeitung. If you're going to be that backasswardly stupid as to go to court to try to put a stop to free PR and branding, just shut down your new media departments. So what if Perlentaucher earns a euro or two promoting you at their expense and not yours? Just get off the web right now and save yourselves the time, trouble and money. You never got it, you still don't and you never will. Get off. And good luck with your paper papers.
Ich bin mir übrigens sicher, dass sich die Online-Redakteure von faz.net und sueddeutsche.de über das Verhalten ihrer Verlages die Haare raufen.
Wie es im Arbeitsleben zugeht, lässt sich an der Uni kaum erahnen. Zum Glück! Jens Jessen, Feuilletonchef der ZEIT, freut sich über die vormoderne Humanität des Schutzraums Hochschule und hält ein flammendes Plädoyer für den Schlendrian.
[mehr bei ZEIT online ...]
Vergangenen Freitag waren wir von der Uni aus beim Südwestrundfunk (SWR) in Baden-Baden. Genauer: bei
SWR2.de. Für die produzieren wir dieses Semester ein Dossier über Hörbucher.
Nach der Themenbesprechung bekamen wir eine Radio-Studioführung der besonderen Art: Wir durften mit professionellen Mitteln ein Mini-Hörspiel fabrizieren. Hört's euch an. Alle Geräusche haben wir selbst hergestellt. Ich war übrigens der Mann, der "vorsichtig" das Rollo neben der Tür geöffnet hat.
"Der Name tut nichts zur Sache" (m4a, 1,87 MB, 1:59 min)
PS: Wer lange Weile hat, soll das
Schottenblog meiner beiden Kommilitoninnen lesen. Live aus Edinburgh. Nette Geschichten von zwei
verpeilten eifrigen Studentinnen, die den armen Menschen dort hessisch-badische Kultur beibringen wollen.
Die Arbeiten an meiner Kurzgeschichte "Dunkel glänzt Berlin" sind abgeschlossen. Da die Wege und Produktionsprozesse in Verlagen aber immer lang sind, erscheint die Anthologie "Bitte mit Schuss" mit elf Geschichten samt meiner jedoch erst zur
Leipziger Buchmesse im kommenden März.
Buchcover von Katja Zumpe
Buchbeschreibung
Zwischen Dönerbuden, Currywurst und Berliner Weiße lösen kleine und große Helden Berlins kleine und große Verbrechen – und geben dabei einen Einblick in die kulinarischen Spezialitäten der Hauptstadt. Mit an Bord sind Geschichten von Nessa Altura, Petra A. Bauer, Barbara Brecht-Hadraschek, Ruth Borcherding-Witzke, Anja Feldhorst, Stefan Haffner, Heide John, Astrid Mosler, Britt Reißmann, Jan Söfjer und Mark Wachholz.
Momo Evers (Hg.)
Bitte mit Schuss
Kulinarische Kurzkrimis aus Berlin
mdv - Mitteldeutscher Verlag
240 Seiten, Broschur
ISBN 978-3-89812-XXX-XX
9,90 € sFr 17,80
Erscheinungstermin: März 2007
Artikelempfehlung
Ein richtig schönes Interview mit Eric Clapton und J. J. Cale unter der Sonne Kaliforniens. Die beiden Herren haben genüsslich über alte und neue Zeiten geplaudert, über Geldscheine als Dämmwolle und darüber, dass ein Musiker, der glaubt, nur auf Drogen gut zu sein, besser den Job wechseln sollte. Kurzum ein richtig sonniges Interview. Savoir Vivre vom Wochenbeilagen-Chef der Süddeutschen, Alexander Gorkow.
[zum Interview ...]
Es ist schon wunderbar. Schön entspannt den Abend verstreichen zu lassen. Lesen, Musik hören, ein Bier trinken, einfach nur rumgammeln. Und alles in dieser entspannten Gewissheit, ausschlafen zu können, um dann mittags in die Uni zu fahren, dreimal einen Kaffee aus dem Automaten zu ziehen und sich dreimal in einen Kurs zu setzen. Einfach nur reinsetzen und zuhören. Eventuell etwas einwerfen, wenn man einen interessanten Gedanken hat. Völlig unverbindlich. So wundervoll entspannend. Schönes Studentenleben. Wenn in fünf Jahren der Alltag immer noch so aussähe, wäre das zwar auch unbefriedigend, doch vorerst ist es einfach wundervoll. Man müsste fast sagen: ein Geschenk.