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Mittwoch, 3. November 2010

Gericht stärkt Urheberrecht von Reporter

Der langjährige freie GEO-Reporter Christian Jungblut hat GEO verklagt, weil das Blatt einen Text von ihm so stark veränderte, dass Jungblut seinen Text nicht wiedererkannte und ihn nicht mehr veröffentlicht sehen wollte. GEO veröffentlichte den Text dennoch - ohne Namen des Autors.

Das Landgericht Hamburg entschied jetzt: Der Konzern Gruner + Jahr, zu dem GEO gehört, darf den entsprechenden Artikel „Plan B” aus Heft 12/2009 nicht weiter verbreiten. Der Verlag habe sein Bearbeitungsrecht überschritten. Ohne Zustimmung des Autoren hätte GEO diese Bearbeitung nicht veröffentlichen dürfen.

Der Fall wird im Blog vom Medienjournalisten Stefan Niggemeier debattiert - inklusive Stellungnahmen des GEO-Chefredakteurs Peter-Matthias Gaede.

Montag, 11. Oktober 2010

Reporter - eine Art Beruf

lindlau Vor vier Jahren stand ich am Hauptbahnhof Frankfurt und wusste nicht so recht, wie es mir ging. Ich hatte gerade mein erstes Bewerbungsgespräch für einen PR-Job hinter mich gebracht, genauer gesagt einen Werkstudentenjob. Es war ein schöner Herbsttag, recht warm, sehr sonnig, es war gut gelaufen in der Agentur, einem ansehnlichen Unternehmen mit 3300 Angestellten in 53 Büros überall auf der Welt, es hätte der Beginn einer Karriere in der Public Relations sein können. Doch ich hatte Zweifel.

Ich brauchte aber auch einen Nebenjob. Im Sommer hatte ich einen Werkstudentenjob im Online-Marketing nach ein paar Wochen für eine Hospitanz in der Redaktion von sueddeutsche.de abgebrochen. Ich brauchte Geld, aber alle Redaktionen, die mir in den Sinn kamen, brauchten niemanden. Und als freier Lokalreporter konnte ich nur ein Butterbrot verdienen.

Ein paar Jahre früher hatte ich noch große Aversionen gegen Marketing, PR und den ganzen Kram gehabt, gegen Boulevard-Journalismus sowieso, aber nach einer Hospitanz bei Zeit online war ich toleranter und weniger radikal geworden, habe die Welt weniger schwarz-weiß gesehen. Trotz allem wollte ich Journalist werden. Die glattgebügelte Businesswelt lag mir nicht. Aber hier ging es nur um einen kleinen Nebenjob, vorübergehend, und er war gut bezahlt.

Ich ging in eine Bahnhofsbuchhandlung und da sah ich ihn, zum ersten Mal: Dagobert Lindlau, eine deutsche Reporterlegende. Er stand da auf seinem Buchcover und hatte so etwas Authentisches, so etwas Ehrliches, Prinzipientreues, er hatte Haltung. "Reporter - eine Art Beruf" stand auf dem Cover. Ich kaufte das Buch. Fünf Tage später zog ich meine Bewerbung für den Job zurück.

Alles Gute zum 80. Geburtstag, Dagobert Lindlau!

Dienstag, 17. August 2010

Die Weltreporter aus der Provinz: 25 Jahre Zeitenspiegel

Vor 25 Jahren hatten zwei Reporter und zwei Fotografen einer schwäbischen Zeitung genug vom alltäglichen Klein-Klein, genug davon, bloß zwei Mal im Jahr eine große Reportage machen zu dürfen. Sie verließen den Verlag und beschlossen, auf eigene Faust große Reportagen samt Fotos zu produzieren und zu verkaufen. Die Einkünfte sollten geteilt werden. Das war der Anfang der Agentur Zeitenspiegel, die mehr ist als eins der zahllosen Journalistenbüros im Land. Zum einen wegen dem hohen Anspruch, Reportagen aus aller Welt für renommierte Magazine wie stern, focus oder GEO zu machen, und zum anderen wegen der solidarischen Idee.

Zeitenspiegel ist ein selbstverwalteter Betrieb, eine große Familie - was schon daran deutlich wird, dass jeden Tag einer für alle kochen muss. Zeitenspiegel ermöglicht seinen Mitgliedern, was anderswo nur schwer oder gar nicht möglich ist. Ein tolles Thema in Südamerika? Kein Problem, die Agentur bezahlt die Reisekosten. Einer möchte unbedingt als Korrespondent nach Shanghai? Soll er, die Agentur ermöglicht das. Von derlei verheißungsvollen Möglichkeiten angelockt, haben schon etliche Festangestellte ihre gut dotierten, sicheren Posten verlassen.

Mittlerweile hat die Agentur 36 Mitglieder mit verschiedenen Formen der Zugehörigkeit. Sie schuf einen Kindergarten für ihren Nachwuchs, den angesehenen Hansel-Mieth-Preis, das Gabriel Grüner-Stipendium und in Kooperation mit der Volkshochschule Reutlingen die Zeitenspiegel-Reportageschule Günter Dahl, die ich im fünften Jahrgang besuchen durfte. Ich denke oft an die Ausbildung, an die Dozenten, die Mitarbeiter und an die herzliche Atmosphäre zurück. Ja, Zeitenspiegel ist wirklich etwas Einzigartiges. Möge die Agentur auch die nächsten 25 Jahre gut überstehen!


PS: Ingid Kolb, Freundin der Agentur und ehemalige Leiterin der Nannenschule, hat eine schöne Rede auf der Jubiläumsfeier gehalten. [hier lesen ...]

Samstag, 7. August 2010

Die Seele des Fotoreporters

Als ich gestern in der Ausstellung "Shifting Media" mit Bildern der legendären Fotoagentur Magnum in der Berliner C/O-Galerie war, wurde mein Bild und mein Verstehen von der Natur des Fotoreporters deutlich erweitert

Auf der Reporterschule hatten wir auch ein paar Seminartage Reportagefotografie und für unser Abschlussmagazin haben wir mit Fotoreportern zusammengearbeitet, aber es ging dort mehr um den Fotoreporter als Kollegen an der Seite des Reporters. In der Ausstellung hingegen verstand ich, was den Fotoreporter ohne schreibenden Themen-Anführer auszeichnet, was ihn selbst definiert. Vielleicht habe ich es dort erst wirklich verstanden, weil dort auch Fotoreporter in meinem Alter vorgestellt wurden, weil ich mir vorstellen konnte, was es für mich bedeuten würde, diese Arbeit zu machen.

Ich rede hier nicht von Pressefotografen, die die Bilder des täglichen Nachrichtengeschehens liefern, sondern von Einzelgängern, die versuchen, sich der Seele eines Themas nähern. Deswegen hat auch Magnum bei Tageszeitungen keine nennenswerte Bedeutung. Und die Hoch-Zeit der Fotoreportage in Magazinen ist auch lange vorbei.

Manche dieser Einzelgänger sind angezogen von bestimmten Milieus (z. B. Enklaven in Russland), andere von Auswirkungen des Menschen auf die Natur oder wie gewisse Ereignisse Menschen verändern (z. B. Soldaten nach einem Kriegseinsatz).

Diesen Typ Fotoreporter zeichnet nicht so sehr ein gewisser Ausbildungs-Abschluss aus oder dass er für dieses oder jene Magazin gearbeitet hat, es ist die schlichte Bereitschaft bestimmte Themen zu bearbeiten. Es ist die Bereitschaft, auf einen regelmäßigen Job und damit auf Geld zu verzichten, es ist die Bereitschaft in die Pampa ans andere Ende der Welt oder auch in Krisengebiete zu gehen, in jedem Fall aber die Bereitschaft, Wochen oder Monate weg zu sein und so auch die Berufung unter Umständen einer Partner-Beziehung vorzuziehen.

Diese Reporter sind auf der Suche nach etwas, man könnte sagen, sie haben eine Mission, auch, wenn sie dafür noch selbst Geld bezahlen müssen und Entbehrungen in Kauf nehmen, ja vielleicht nicht einmal in absehbarer Zeit Ruhm ernten. Alleine getrieben durch die Leidenschaft für die Motive, für die Bilder zu ihrem Thema.

Mittwoch, 16. Dezember 2009

Recherchereise in der Toskana

Zeitenspiegel-Reportageschüler im Gespräch  mit dem italienischen taz-Korrespondenten Michael Braun. 30 Grad unter blauem Himmel war es in Italien. 15 Grad und Regen in Deutschland. Auch, wenn die italienische Hitze manchem am Ende zu schaffen machte, so sehnte sich doch niemand nach der Kälte hinter den Alpen. Am wenigsten unser VW-Bus. Auf einer schweizer Autobahn gab er auf. Platten.

Eine Woche waren meine Mitschüler der Zeitenspiegel-Reportageschule Günter Dahl und ich im Juni in der Toskana unterwegs gewesen. Recherchereise für unser erstes großes Projekt. Ein eigenes Reportagemagazin.

Mit dem Deutsch-Italienischen-Stammtisch beim Abendessen im Bergdorf Castagno.Meine Geschichte "Depot der vergessenen Dampfrösser", eine Reportage über eine der ersten Gebirgseisenbahnen Europas, wurde nun auch auf Spiegel Online veröffentlicht. Mehr zu dem Heft auf reporterreisen.com oder bei Amazon.

Donnerstag, 18. Juni 2009

Reportage schreiben

Vor der VHS in Reutlingen

Vor einem Café sitzen und die Ereignisse der Toskana-Reise aus dem Blog holen. Überlegen, welche Szenen man für die Reportage braucht. Wie will sie komponiert sein? Es ist ein langsamer, tagelanger Weg bis zur fertigen Geschichte. Aber was könnte schöner sein?

PS: Für User, die über den Suchbegriff "Reportage schreiben" hierher gelangt sind, empfehle ich das Buch "Die Reportage" von Michael Haller. Für Fortgeschrittene und Interessierte lohnt sich auch ein Blick in das Audio-Archiv der Seminare des Reporter-Forums. Siehe z. B. hier.

Samstag, 18. April 2009

Ein neues Kapitel



Noch einmal schaute ich mich um. Sah die weißen Säulen mit den Flachbildfernsehern, auf denen Nachrichten liefen. Sah das "Nachrichten-Rad", an dem die Blattmacher über die Ausgabe vom nächsten Tag entscheiden. Dann drehte ich mich um und ließ zwei Jahre Arbeit hinter.

Nach dem Studium war es schwer gewesen. Plötzlich kein Student mehr. Arbeiten. Pendeln. Wenig Freizeit. Wie lange soll das jetzt so gehen, fragte ich mich. Dann, ein halbes Jahr später genoss ich es, morgens mit Zeitung und Kaffee in den Regionalzug einzusteigen. Hektisches Durcheinander am Frankfurter Hauptbahnhof. Aktentaschen und Anzüge. Gebraucht zu werden. Eine Aufgabe zu haben. Sich bewähren zu können.

Trotzdem: Der Stress war enorm, die Abwechslung nicht nennenswert. Aber vielleicht auch gar nicht so erwünscht. Erstaunlich, wie schnell man zufrieden ist mit seiner kleinen Welt. Und auch, wenn ich nebenher endlich gescheite Artikel für die Zeitung schreiben konnte, mich endlich auch dort durchsetzen konnte, war klar, dass noch etwas Neues kommen musste. Nicht nur eine andere Redaktion, sondern etwas wahrhaftig Neues.

Nun wohne ich seit zwei Wochen in Reutlingen und besuche die Zeitenspiegel-Reportageschule. Es ist wieder wie in der Uni. Wie im Journalismus-Seminar. Aber doch ist nichts mehr wie früher.

Das liegt nicht unbedingt daran, dass die Schule arbeitsintensiver ist oder dass ich jedes zweite Wochenende durcharbeiten muss, um das Nötigste zu verdienen. Es liegt daran, dass ich älter bin.

Mit Anfang 20 drängt man hinaus in die Welt, möchte endlich etwas erleben, raus aus dem Elternhaus. Endlich Student sein, eine neue Stadt, was für ein Leben. Aber diese Zeit kommt nicht wieder. Sie ist einmalig. Und wer Jahre später erst oder noch einmal studiert, muss zwangsweise nostalgisch werden. Die Uhr hat sich schon weitergedreht. Das Leben wird komplizierter. Auf einmal denkt man nicht mehr ausschließlich an den nächsten Barbesuch oder die schönsten Fernsehserien, sondern daran, dass man bald 30 (oder noch älter) wird. Man denkt daran, dass man vielleicht in drei, vier Jahren schon Kinder haben wird. Man denkt daran, dass man noch nie im Ausland studiert hat. Man denkt daran, dass man auch noch reisen möchte, weil man es sein ganzes Leben nicht geschafft hat, nicht bereit war oder kein Geld dafür hatte. Und einem wird bewusst, dass plötzlich nicht mehr die ganze Zukunft vor einem liegt. Vielleicht möchte man noch einen Master machen oder promovieren. Man merkt, dass die Zeit für all diese Sachen eng wird.

Komisch, wo man doch eigentlich noch fast sein ganzes Leben vor sich hat. Aber irgendwann muss man mehr Verantwortung tragen. Und sei es nur über sich allein.

Aber Schluss mit der vorauseilenden Nostalgie! Ich bin hier, ich habe den nächsten Schritt gemacht, habe die Seite umgeblättert, meine Heimat aufgegeben. Darmstadt war schön, aber stand beinahe komplett still. Man kann sein Glück nicht festhalten, man muss ihm folgen.

Reutlingen also. Hübsche Stadt. Idyllisch, wenn auch provinziell. Der Geist wohnt nebenan in Tübingen. Tolle Wohnung zusammen mit meiner Freundin. Guter Unterricht in der Schule. Alle Dozenten sind Praktiker, alle noch aktive Schreiber. Es ist eben eine Journalistenschule. Da sitzen keine Dozenten, sondern Journalisten, Reporter. Schulgründer Philipp Mausshardt alleine schon. Alle halbe Stunde klingelt sein Handy. Redaktionen rufen an. Schnell kann es da heißen: Wir brauchen Dich und zwei Deiner Schüler. Ebenfalls jeden Tag: eine Stunde Konferenz. Was für Themen gibt es? Welches gibt genug her?

Wir schreiben jeden Tag. Strenge Textkritik. Vor allem bei der langjährigen Chefin der Nannen-Schule, Ingrid Kolb. Zu unserer Begrüßung und der Verabschiedung der Absolventen reiste GEO-Chef Peter-Matthias Gaede an. Was für eine Rede! Hätte sie aufnehmen sollen. Im Juni dann eine Woche Toskana. Reportagereise. Im Sommer Praktikum. Danach drei Monate Reportagen schreiben (hier die genauen Inhalte im PDF).

Am Ende wird ein eigenes Magazin stehen, aus dem viele, wenn nicht alle Texte ihren Weg in eine Zeitung oder Magazin finden werden. Aber jetzt, jetzt bin ich hier, jetzt ist der Anfang.

PS: Ein paar Bilder meiner neuen Bude gibt es für Freunde im studivz.


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Danke
Vielen Dank für diese Sätze: "Es sollte eine sehr gute...
Johanna (Gast) - 2013-12-05 10:34
Gut analysiert. Nur bei...
Gut analysiert. Nur bei der politischen Ausrichtung...
7an - 2013-10-10 15:08
Kein Interesse
Nur eine kurze Anmerkung. Journalisten denken von ihrem...
Otto Hildebrandt (Gast) - 2013-10-10 14:08

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