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Samstag, 27. Januar 2007

Semesterleben vorbei

Morgen ist der letzte Tag, an dem ich mit meinen Kommilitonen in einem Kurs sitzen werde. Ein paar Veranstaltungen zum Diplom wird es noch geben, aber keine klassische Uni mehr. Es ist irritierend. Ich kann es gar nicht realisieren. Nagut, vielleicht besuche ich im nächsten Semester, während ich mein Diplom schreibe, noch einen Kurs zum Spaß, aber "mein Semester" ist das dann nicht mehr. Das ist passé. Einfach so vorbei. Einfach so.

Freitag, 26. Januar 2007

Hölderlin

Bin durch diesen Menschen auf Hölderlin aufmerksam geworden. Habe mir jetzt sein Hyperion gekauft. Die ersten vier Seiten lesen sich gar nicht mal schlecht. Die Sprache ist klarer als erwartet und die Gedanken bisweilen grandios. So auch der hier:

O ein Gott ist der Mensch, wenn er träumt, ein Bettler, wenn er nachdenkt, und wenn die Begeisterung hin ist, steht er da, wie ein misrathener Sohn, den der Vater aus dem Hause stiess, und betrachtet die ärmlichen Pfennige, die ihm das Mitleid auf den Weg gab.

Donnerstag, 25. Januar 2007

Hartz V

Das Landgericht Braunschweig verhängte gegen Hartz zwei Jahre Haft auf Bewährung sowie eine Geldstrafe von 360 Tagessätzen à 1600 Euro, also 576.000 Euro. - heute.de


Für einen Tagessatz von 1600 Euro nehm ich auch zwei Jahre auf Bewährung.

Mittwoch, 24. Januar 2007

Die Kunst des Nichtschreibens

Ich stiere am Bildschirm vorbei. Der Cursor in dem Textverarbeitungsprogramm blinkt hilfesuchend. Er kommt nicht vor und nicht zurück. Im meinem Kopf zerbreche ich reihenweise Bleistifte. Verdammter Text, verdammter Einstieg, wieso fällt mir nichts ein. Genervt lasse ich meine Hand immer wieder auf die Tastatur fallen: "ooohoohououou".

Die Burschenschaft vom Spiegel

Artikelempfehlung

Über das Arbeiten beim Spiegel:

So golden funkelte die Galeere, die Bänke schienen gut gepolstert. Es ist keine Strafe, beim Spiegel zu arbeiten: Feiner Lohn, hohes Sozialprestige, Kaffee und Archivmaterial werden gebracht. Man trifft viele gute, sogar einige richtig sympathische Leute. Sobald man seinem Namen am Telefon ein "Der Spiegel" folgen lässt, hört man, wie am anderen Ende die Hacken zusammengeschlagen werden. Das kann dem Selbstwertgefühl förderlich sein. Ich hatte es gut.

Nach wenigen Wochen aber war mir elend. Zunächst gab ich der Klimaanlage die Schuld. Dann dämmerte mir: Es ist das Binnenklima; diese obskuren, altmaskulinen, vordemokratischen Umgangsformen. Das durchritualisierte Weitpinkeln. Ich war in eine Burschenschaft geraten. Unter Männer, die beim Witz warteten, bis der Chef lacht. Die sich gegenseitig Wunden schlugen und sie dann stolz herzeigten. Die niemals die geringste Blöße zeigen durften.

Als ich einem Kollegen, der über einem schwierigen Thema brütete, einen interessanten neuen Artikel zeigte, riss er ihn mir aus der Hand, stopfte ihn ins Jackett und krähte: "Kenn ich schon!" Ich fragte einen der Superstars um Rat, einen Mann mit Herz. Der nickte wissend und erklärte mir, solches Befremden sei normal am Anfang. Er zum Beispiel habe das erste halbe Jahr "jeden Morgen gekotzt".

Freitag, 19. Januar 2007

Journalist starb für Wahrheit

Der türkische Journalist Hrant Dink wurde diesen Freitag auf offener Straße erschossen. Als der aus seinem Istanbuler Redaktionsgebäude kam, trafen ihn drei Schüsse in Hals und Kopf. Dink hatte den Völkermord an den Armeniern im Osmanischen Reich (dem Verläuferstaat der Türkei) während des Ersten Weltkrieges thematisiert. Bereits wegen eines Artikels über armenische Identität war Dink wegen „Beleidigung des Türkentums“ zu einer Haftstrafe von sechs Monaten auf Bewährung verurteilt worden. Anders als der Holocast an den Juden in Deutschland kann man in der Türkei nicht von einem Anerkennen - geschweige denn von einer Aufarbeitung - dieses Verbrechens reden. Dink wurde 2006 in Hamburg mit dem Henri-Nannen-Preis für Pressefreiheit ausgezeichnet.

Die Zeit veröffentlichte 2005 ein Dossier über den Völkermord an den Armeniern:
Wer am Leben blieb, wurde nackt gelassen
Bis heute leugnet die Türkei den Genozid an den Armeniern, bei dem vor 90 Jahren mehr als eine Million Menschen getötet wurden. Auch Deutschland spricht lieber nicht von Völkermord. [mehr ...]

Donnerstag, 18. Januar 2007

Joggen im Kyrill

Ach, wie gemütlich es doch ist, denke ich mir und schiebe den letzten Bissen Käsekuchen in den Mund. Der gute aus der Mensa und das einzigst Gute überhaupt dort.
Draußen tobt ein starker Wind. Ich nehme noch einen Schluck Kaffee, schaue auf den Bildschirm und lese Nachrichten. Ein Meteorologe empfiehlt, wegen des Orkans das Haus nicht zu verlassen. Soso. Ausgangssperre für die Sofagesellschaft, oder wie?

Durch das Fenster sehe ich, wie sich im gegenüberliegenden Garten eine Tanne aufplustert. Sie rauscht mächtig und kommt sich dabei recht wichtig vor. Der Wind macht sie zu einem großen grünen Drachen, der laut schnaubt. Es klingt wie: "Bleib lieber drinnen. Heute herrscht die Natur über euch Menschen." Hätte sie wohl gerne, die Tanne. Doch auch ich mag Sturm. Also ziehe ich mich um. Zum Joggen.

Mit dem Fahrrad radle ich durch die Dunkelheit. Bis zum Stadtrand ist es nicht weit. Ich biege auf die Allee und sehe Feuerwehr und Polizei. Bäume stutzen und so. Es hat beinahe etwas Dramatisches, wie sie dort hektisch hantieren.
Kurz drauf bin am Feld und stelle mein Rad ab. Ich laufe los. Ein laues Lüftchen kitzelt mich im Gesicht. Der Orkan erscheint mir eher romantisch denn wild. Kyrill kommt immerhin von Cyrillos, der Herrliche. Vielleicht hat das jemand falsch übersetzt und jetzt fühlt sich der "Orkan" furchtbar missverstanden. Ich laufe weiter.

Mir kommt ein anderer Jogger entgegen und ein rot leuchtender Halbkreis in Bodennähe. Ein Hundehalsband mit Inhalt. Dazu die Familie. Ich biege ab. Nun weht der Wind von hinten und pustet mir Strähnen ins Gesicht. Sehr gefährlich ist das nicht. Nach einem Kilometer kommt endlich der Waldrand. Ich springe über die Schranke für Autofahrer und bin im Wald. Hier ist es wirklich finster. Nach ein paar Metern wird es ruhig. Das Lüftchen fegt komplett über die Baumkronen hinweg.

Meter für Meter laufe ich den düsteren Weg entlang und verliere mich in meinem Rhythmus. Eine Kreuzung naht. Sie sieht anders aus als sonst. Als ich näher komme, erkenne ich einen Baum, der quer über den Weg gestürzt ist. Ich klettere drüber und laufe weiter. Ich behalte die Windrichtung und die Bäume im Auge. Keine zwei Kilometer später nähert sich bereits der Waldausgang. Etwas rauscht nicht weit von oben durch die Äste. Ansonsten bleibt alles ruhig.

Ich sehe das Feld und verlasse den Wald. Da überrollt mich von vorne rechts eine Welle. Eine launische Sturmbö. Sie springt mir ins Gesicht, auf den Rücken und dann kommt auch schon die nächste. Vor mir liegt das weite Feld, über mir der umtoste Wolkenhimmel. Nicht schlecht, es wird!, denke ich und schiele zum Hochsitz.

Oben ist es herrlich. Ich stehe so da und genieße die schöne Aussicht. Der Sturm reißt an meinen Kleidern. Ich lache und frage den Sturm lauthals, ob das schon alles sei. Der Hochsitz vibriert ein bisschen. Naja.

Ich laufe weiter, sprinte ein bisschen gegen den Sturm. Er drückt mir derweil den Sauerstoff hochkomprimiert in die Lunge. Die letzten paar hundert Meter gehe ich und beobachte den Himmel. Pauken fehlen, kommt mir in den Sinn. Riesige Pauken auf denen die Sturmgötter trommeln. Wie es jetzt wohl da oben ist? Fallschirmspringen müsste man mal bei so einem Wetter.

Montag, 15. Januar 2007

Time.com mit neuem Layout

time.com Der Ableger des amerikanischen Time-Magazins hat ein neues Layout. Es sieht gut aus. Kürzer, übersichtlicher, mehr Bilder. Die englischsprachigen journalistischen Seiten haben damit ja so ihr Problem. Man schaue sich nur mal den britischen Guardian an, der anmutet, als wäre er von einem Computervirus sabotiert. Ist aber auch gar nicht schlecht, denn ein Blatt, das den Überwachungsstaat befürwortet sollte man nicht lesen.

time.com hat also neben der New York Times online verstanden, dass ein gutes Layout existenziell wichtig ist. Obendrein war man so schlau zu erkennen, dass es sinnlos ist, auch im Internet verschiedene Welt-Ausgaben zu betreiben. Eine Übersichtsseite reicht da völlig aus.

Zuletzt möchte ich noch einen wirklich guten Artikel von Time.com empfehlen. Darin erzählt ein 30-jähriger Gamer von seiner Sucht zu Word of Warcraft. Gut zu lesen, flüssig geschrieben, leichtes englisch. Man sollte sich aber den Text ausdrucken. Viereinhalb Printseiten sind online doch recht viel. Dazu gibt es vom Autor des Textes noch eine Audiogalerie. Ich persönlich finde sie nicht so spannend, aber dieses technische Feature genrell sehr schön.

Spiegelkritik

Es gab in der letzten Zeit hier ziemlich viel Lob für den Spiegel und indirekt mit Matusseks Kulturtipp auch für Spiegel online. Abgesehen davon versucht Spiegel online derzeit leider, den Boulvevard zu perfektionieren. Aber auch das Mutterheft ist nicht nur das tugendhafte, strahlende "Nachrichtenmagazin von Deutschland".

Medienredakteur Oliver Gehrs hat sich in einem bereits etwas älteren taz-magazin-artikel mit dem Spiegel-Chefredakteur Stefan Aust befasst. Es schreibt über die Positionslosigkeit des Blattes und warum Aust keine Menschen mit Selbstbewusstsein neben sich duldet. Sehr schonungslos, sehr interessant.

Sonntag, 14. Januar 2007

Die Wellness-Industrie

Wellness soll die Wunden verarzten, die ein fremdbestimmter Alltag gerissen hat. Die Wellness-Industrie selbst versucht nur, ihre vermeintlich zu leeren Kassen zu verarzten.

Rituale zum Studienstart

Und dort finde ich mich plötzlich in Extremsituationen wieder: mit einer Schüssel Bowle auf dem Boden der Damentoilette kniend; völlig nackt beim Spiel "Kleiderkette"; Wodka-Wackelpudding nach Zeit mampfend oder schließlich mit runtergelassenen Hosen beim Improtheater. Wir haben uns Buchstaben auf die linken Pobacken gepinselt und po-pagieren beim finalen Theaterstück vor versammelter Mannschaft den sinnhaften Ausruf "F.U.C.K.". Das bringt uns "blutigen Schlachten" erst Anerkennung für knackige Backen und schließlich den Hauptgewinn: Natürlich, eine Flasche Wein. - aus: Marcs Studienstart, Spiegel online
Na, wie lustig. Gut, dass es solche komischen Initationsrituale bei uns im Studiengang nicht gibt. Kennt jemand solche Geschichten von anderen Unis?

Samstag, 13. Januar 2007

Teste mich

Studienwahl- und Berufswahltests finde ich immer interessant. Zwei verschiedene im Vergleich.

Der Test der Uni Hohenheim (www.was-studiere-ich.de) nervte mit seitenlangen dämlichen Tätigkeiten, die ich bewerten sollte und fast allesamt mies fand. Immerhin stimmten meine Antworten am meisten mit einer "musisch-sprachlichen Interessensrichtung" überein, die allgemeingültig wie folgt beschrieben wird:

"Sie haben einen Sinn für Ästhetik, sind oft ausdrucksstark und unkonventionell sowie offen für neue Ideen oder Tätigkeiten. Mitunter sind sie impulsiv und weniger stark selbstdiszipliniert."

Die Berufe, die exakt zu mir passen sollen, würde ich aber nicht wählen: Dolmetscher, Musiklehrer, Fremdsprachenlehrer. Bei der langen alternativen Liste gab es jedoch ein paar interessante Berufe: Arabist, Orientalist, Dramaturg, Regisseur und natürlich Journalist. Das schöne am Journalismus ist ja, das man sich theoretisch mit allen Themen befassen kann.

Der Fachsimpler-Test von Spiegel online (Link) bestand nur aus 19 flotten kleinen Fragen. Heraus kommt eine Grafik. Hier meine:

Fremdsprachen, Sprach-, Literatur- und Kulturwissenschaften: 93 Prozent Übereinstimmung

60 Jahre Der Spiegel

Der Spiegel

Der Spiegel ist 60 Jahre alt geworden. Dem Heft liegt eine DVD mit einer über einstündigen Fernseh-Dokumentation der Geschichte des Blattes bei. Deutsche Pressegeschichte am Beispiel des so genannten "Sturmgeschützes der Demokratie". Eine unverzichtbare Anschaffung. Heute und morgen ist die Ausgabe noch in den Läden erhältlich.

Donnerstag, 11. Januar 2007

Eine Liebeserklärung



Nein, werter Leser, ich habe nicht die letzten Einträge gelöscht, ich werbe tatsächlich schon wieder für eine der wenigen Perlen, die der Online-Journalismus zustande gebracht hat: Matusseks Kulturtipp - jeden Donnerstag mit einer neuen Folge.

Es ist der geringe Nutzwert, das nach vorne Rücken eigener Gedanken, die Seitenhiebe gegen Mr. Feuilleton, Faz-Herausgeber Schirrmacher, das Brechen mit der Quoten-Content-Regel des Internets, was diese Clips so besonders macht. Matusseks Videoblog ist ein freigeistiger Kaffeeschnack mit Verve. Allein die Lässigkeit, mit welcher der Mann mit den Hosenträgern sich mit offenem Hemd im Stuhl räkelt, ist blanker Hohn gegen den Kapitalismus, gegen jede Kosten-Nutzen-Rechnung, gegen die Degradierung des Menschen zu einer Legehenne, die produzieren muss, bevor sie ausgesondert wird. Dieses Blog gibt den Gedanken Luft zum Atmen, die einem von unzähligen Meldungen, Klickshows und buntem Content gestohlen wurde.


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Danke
Vielen Dank für diese Sätze: "Es sollte eine sehr gute...
Johanna (Gast) - 2013-12-05 10:34
Gut analysiert. Nur bei...
Gut analysiert. Nur bei der politischen Ausrichtung...
7an - 2013-10-10 15:08
Kein Interesse
Nur eine kurze Anmerkung. Journalisten denken von ihrem...
Otto Hildebrandt (Gast) - 2013-10-10 14:08

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