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medienbeobachtungen

Mittwoch, 24. Januar 2007

Die Burschenschaft vom Spiegel

Artikelempfehlung

Über das Arbeiten beim Spiegel:

So golden funkelte die Galeere, die Bänke schienen gut gepolstert. Es ist keine Strafe, beim Spiegel zu arbeiten: Feiner Lohn, hohes Sozialprestige, Kaffee und Archivmaterial werden gebracht. Man trifft viele gute, sogar einige richtig sympathische Leute. Sobald man seinem Namen am Telefon ein "Der Spiegel" folgen lässt, hört man, wie am anderen Ende die Hacken zusammengeschlagen werden. Das kann dem Selbstwertgefühl förderlich sein. Ich hatte es gut.

Nach wenigen Wochen aber war mir elend. Zunächst gab ich der Klimaanlage die Schuld. Dann dämmerte mir: Es ist das Binnenklima; diese obskuren, altmaskulinen, vordemokratischen Umgangsformen. Das durchritualisierte Weitpinkeln. Ich war in eine Burschenschaft geraten. Unter Männer, die beim Witz warteten, bis der Chef lacht. Die sich gegenseitig Wunden schlugen und sie dann stolz herzeigten. Die niemals die geringste Blöße zeigen durften.

Als ich einem Kollegen, der über einem schwierigen Thema brütete, einen interessanten neuen Artikel zeigte, riss er ihn mir aus der Hand, stopfte ihn ins Jackett und krähte: "Kenn ich schon!" Ich fragte einen der Superstars um Rat, einen Mann mit Herz. Der nickte wissend und erklärte mir, solches Befremden sei normal am Anfang. Er zum Beispiel habe das erste halbe Jahr "jeden Morgen gekotzt".

Montag, 15. Januar 2007

Time.com mit neuem Layout

time.com Der Ableger des amerikanischen Time-Magazins hat ein neues Layout. Es sieht gut aus. Kürzer, übersichtlicher, mehr Bilder. Die englischsprachigen journalistischen Seiten haben damit ja so ihr Problem. Man schaue sich nur mal den britischen Guardian an, der anmutet, als wäre er von einem Computervirus sabotiert. Ist aber auch gar nicht schlecht, denn ein Blatt, das den Überwachungsstaat befürwortet sollte man nicht lesen.

time.com hat also neben der New York Times online verstanden, dass ein gutes Layout existenziell wichtig ist. Obendrein war man so schlau zu erkennen, dass es sinnlos ist, auch im Internet verschiedene Welt-Ausgaben zu betreiben. Eine Übersichtsseite reicht da völlig aus.

Zuletzt möchte ich noch einen wirklich guten Artikel von Time.com empfehlen. Darin erzählt ein 30-jähriger Gamer von seiner Sucht zu Word of Warcraft. Gut zu lesen, flüssig geschrieben, leichtes englisch. Man sollte sich aber den Text ausdrucken. Viereinhalb Printseiten sind online doch recht viel. Dazu gibt es vom Autor des Textes noch eine Audiogalerie. Ich persönlich finde sie nicht so spannend, aber dieses technische Feature genrell sehr schön.

Spiegelkritik

Es gab in der letzten Zeit hier ziemlich viel Lob für den Spiegel und indirekt mit Matusseks Kulturtipp auch für Spiegel online. Abgesehen davon versucht Spiegel online derzeit leider, den Boulvevard zu perfektionieren. Aber auch das Mutterheft ist nicht nur das tugendhafte, strahlende "Nachrichtenmagazin von Deutschland".

Medienredakteur Oliver Gehrs hat sich in einem bereits etwas älteren taz-magazin-artikel mit dem Spiegel-Chefredakteur Stefan Aust befasst. Es schreibt über die Positionslosigkeit des Blattes und warum Aust keine Menschen mit Selbstbewusstsein neben sich duldet. Sehr schonungslos, sehr interessant.

Samstag, 13. Januar 2007

60 Jahre Der Spiegel

Der Spiegel

Der Spiegel ist 60 Jahre alt geworden. Dem Heft liegt eine DVD mit einer über einstündigen Fernseh-Dokumentation der Geschichte des Blattes bei. Deutsche Pressegeschichte am Beispiel des so genannten "Sturmgeschützes der Demokratie". Eine unverzichtbare Anschaffung. Heute und morgen ist die Ausgabe noch in den Läden erhältlich.

Donnerstag, 11. Januar 2007

Eine Liebeserklärung



Nein, werter Leser, ich habe nicht die letzten Einträge gelöscht, ich werbe tatsächlich schon wieder für eine der wenigen Perlen, die der Online-Journalismus zustande gebracht hat: Matusseks Kulturtipp - jeden Donnerstag mit einer neuen Folge.

Es ist der geringe Nutzwert, das nach vorne Rücken eigener Gedanken, die Seitenhiebe gegen Mr. Feuilleton, Faz-Herausgeber Schirrmacher, das Brechen mit der Quoten-Content-Regel des Internets, was diese Clips so besonders macht. Matusseks Videoblog ist ein freigeistiger Kaffeeschnack mit Verve. Allein die Lässigkeit, mit welcher der Mann mit den Hosenträgern sich mit offenem Hemd im Stuhl räkelt, ist blanker Hohn gegen den Kapitalismus, gegen jede Kosten-Nutzen-Rechnung, gegen die Degradierung des Menschen zu einer Legehenne, die produzieren muss, bevor sie ausgesondert wird. Dieses Blog gibt den Gedanken Luft zum Atmen, die einem von unzähligen Meldungen, Klickshows und buntem Content gestohlen wurde.

Mittwoch, 3. Januar 2007

Studivz mit Zeit Campus gemischt

Das Studiverzeichnis wurde, wie Spiegel online meldet, aufgekauft. Nicht von den Betreibern der amerikanischen Vorbild-Plattform Facebook - wie von einigen befürchtet -, sondern von Holtzbrinck. Das ist einer der großen Verlage in Deutschland, dem unter anderem Die Zeit, der Tagesspiegel und das Handelsblatt gehört. Holtzbrinck war auch vorher schon finanziell am Studivz beteiligt.

Zum einen kann man nun auf weiter verbesserten Datenschutz und geschicktere Öffentlichkeitsarbeit hoffen. Interessant ist jedoch, was Holzbrinck mit dem Studivz anstellen wird. Neben ihm zählt lediglich Neon zu den großen deutschsprachigen, studentischen Anlaufstellen im Internet. Wobei bei Neon die einzelnen User aktiver sein dürften, da sie Artikel schreiben und diese kommentieren können. Die Zeit online, die auch zu Holtzbrink gehört, startete nun kürzlich Campus online - begleitend zu dem gedruckten Magazin Zeit Campus, klare Konkurrenz zu Neon.

Konkurrenz zu Neon

Campus online versucht nun seit einigen Wochen eine eigene Community aufzubauen. Bisher sieht das allerdings alles ziemlich dürftig aus. Mit dem Kauf vom Studiverzeichnis - für welches nebenbei um die 100 Millionen Euro bezahlt wurde; es ist also ein absolut durchkalkuliertes Geschäft und kein Gelegenheitskauf -, mit dem Kauf also könnte Holtzbrinck das Studivz mit seiner Campus online-Seite fusionieren, um Neon (Gruner und Jahr) eine volle Breitseite zu verpassen. Natürlich darf man davon ausgehen, dass eine Vermischung der Angebote mit der nötigen Vorsicht von statten gehen würde.

Ebenfalls zu Zeit online und somit zu Holtzbrinck gehört übrigens das Online-Magazin Zuender, welches sich ebenfalls in der Konkurrenz zu Neon sieht, aber viel politischer daher kommt. Und die Zeit-Chefredaktion unter Giovanni di Lorenzo bekundet schon lange, sie möchte mit dem Holtzbrinck-Flagschiff Die Zeit mehr junge Leser und auch mehr Frauen erreichen. Studenten sind da die erste Wahl.

Montag, 11. Dezember 2006

Fürs Tempo

Die Tage kam eine einmalige Jubiläumsausgabe von Tempo auf den Markt, dem legendären Zeitgeist-Magazin, welches vor zehn Jahren eingestellt wurde. Obwohl das Heft bei SpOn relativ zerrissen wurde, werde ich es mir noch besorgen. Gerade musste ich allerdings feststellen, dass es nicht die beste Idee ist, einem Tankwart am Telefon zu erklären, was das für ein Heft ist, in der Hoffnung, er habe ein Exemplar rumliegen. Geht auch ständig abwärts mit den Leuten, seit ich nicht mehr zu diesem Nebenberufsstand gehöre. Neulich erst blickte mich ein junges Mädel an einer Esso (vermutlich sogar Studentin) völlig entgleist an, als ich nach der ZEIT fragte.

Montag, 4. Dezember 2006

Perlentaucher taucht weiter

Die Frankfurter Allgemeine Zeitung und der Süddeutsche Verlag (Süddeutsche Zeitung) haben gegen den Perlentaucher geklagt und vor ein paar Tagen verloren. Dieser bietet täglich eine kostenlose Presseschau durch das deutsche Feuilleton und verweist auf die Originalartikel. Kostenlose Werbung könnte man behaupten, sehen aber wohl FAZ und SZ nicht so. Ihr Verhalten wurde sehr schön von dem Filmblogger David Hudson komentiert:

To the Süddeutsche Zeitung and the Frankfurter Allgemeine Zeitung. If you're going to be that backasswardly stupid as to go to court to try to put a stop to free PR and branding, just shut down your new media departments. So what if Perlentaucher earns a euro or two promoting you at their expense and not yours? Just get off the web right now and save yourselves the time, trouble and money. You never got it, you still don't and you never will. Get off. And good luck with your paper papers.

Ich bin mir übrigens sicher, dass sich die Online-Redakteure von faz.net und sueddeutsche.de über das Verhalten ihrer Verlages die Haare raufen.

Montag, 27. November 2006

Die Narrenzunft

Selbsternannte Hüter des Gerechten versuchen derzeit das Studiverzeichnis zu zerschmettern. Wehe dem, der ihr Urteil und ihre Rechtschaffenheit anzweifelt.

Ein Diskurs mit der närrischen Handpuppe des Autors. [mehr ...]

Samstag, 7. Oktober 2006

Millionen fürs Netz

Eine weitere Dokumentation über den wachsenden Online-Journalismus.

Die öffentlich-rechtlichen Sender geben Abermillionen für ihre Online-Auftritte aus und wollen sie sogar noch ausbauen. [mehr bei Spon ...]


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Otto Hildebrandt (Gast) - 2013-10-10 14:08

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