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Hemingway: der Tod des alten Mannes

Heute vor 48 Jahren gegen 7 Uhr morgens geht Ernest Hemingway in seinen Lagerraum und lädt eine großkalibrige doppelläufige Schrotflinte, die er sonst zum Tontaubenschießen verwendet. Seine Frau schläft noch.

Hemingway ist 61 Jahre alt, psychisch und körperlich ein Wrack. Er ist stark depressiv, fühlt sich verfolgt, hat Diabetes, Arteriosklerose, eine entzündete Aorta, einen Blutdruck von 250 zu 125 sowie einen Cholesterinwert von 380. Sein Leben als Draufgänger, Flugzeugabstürze, Unfälle und der exzessive Alkoholkonsum haben ihn dazu gemacht.

Hemingway gab sich immer als Draufgänger, wollte immer dahin, wo es knallt, immer an die Kriegsschauplätze, wollte sich immer beweisen. Provozierte man ihn, überrollte er einen. Aber hinter dem Getöse steckte ein verunsicherter Mensch, einer, der ständig damit rechnete, dass ihm das Leben wieder eins auswischte, der nicht untergehen wollte, der von Selbstzweifeln geplagt war. Ein sensibler Mensch auf der Suche nach Bestätigung.

Am 2. Juni 1961 hat er zwei Selbstmordversuche hinter sich, wollte sich aus einem Flugzeug stürzen. Er landet in einem Krankenhaus auf einer Station für Suizidgefährdete. Er hat furchtbare Angst dort zu verrecken. Er, der immer die Oberhand behalten wollte, will auch dem Tod auf Augenhöhe begegnen und schafft es, den Ärzten vorzugaukeln, ihm gehe es besser.

Hemingway geht mit der Waffe in die Diele. Wahrscheinlich steckt er sich das Gewehr in den Mund, wie er es so oft seinen Gästen vorgemacht hat, aber dieses Mal ist es kein Spaß. Er drückt ab.

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