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arte: Produktionsabfall fürs Internet

arte produziert aufwändige Dokufilme, doch die Gebühren zahlenden Internet-Nutzer sehen davon nichts - oder nur die Ausschussware.

arte hat diese großartige sechsteilige Serie über den Widerstand im Dritten Reich produziert: „Schattenkampf – Europas Resistance gegen die Nazis“. Leider konnte man sich die Auftaktfolge zum Sendebeginn nicht online ansehen, ich habe sie jedenfalls nicht gefunden. Ich verstand auch nicht, dass in dem Online-Spezial schattenkampf.arte.tv (dass am ersten Tag eh nicht lief) nicht die Dokufilme zu sehen sind, sondern "nur" Dutzende nach Ländern sortierte Videos, in denen ehemalige Widerstandskämpfer ihre Geschichten erzählen.

Normalerweise stehen ausgewählte arte-Beiträge sieben Tage lang online. Ich habe es verpasst, mir während der Zeit die Beiträge anzusehen. Wenn sie überhaupt online standen. Wer weiß. Mit dem Gesetz kann der Sender sich nicht herausreden. Der Rundfunkgebührenstaatsvertrag erlaubt es, solche hochwertigen zeitgeschichtlichen Beiträge dauerhaft online zu stellen, wie es zum Beispiel mit der ZDF-Historien-Reihe „Die Deutschen“ geschehen ist.

arte hingegen möchte lieber Kasse machen. Im eigenen Online-Shop kann drei DVDs mit den sechs Filmen für 40 Euro kaufen, auf Amazon für 32 Euro. Aber, ganz ehrlich, soviel wie vier Kino-Besuche sind mir die Beiträge nicht Wert. Ich würde sei gerne sehen und gerne für sie zahlen, sagen wir 1,50 Euro pro Folge als Online-Stream – wenn arte denn ein Privatsender wäre. Doch arte ist Teil des öffentlich-rechtlichen Rundfunks. Der Sender bekommt Rundfunkgebühren. Ich möchte nicht wissen, wie viele tausend Euro alleine die zwei Webseiten zur Dokoserie gekostet haben, auf denen die Gebührenzahler nicht mal die sechs Haupt-Beiträge sehen können, für die der ganze Zauber veranstaltet wurde.

Stattdessen gibt es das Schattenkampf-Spezial. Auf den ersten Blick macht es Eindruck. 84 Videos. Zeitzeugen, die über den Widerstand erzählen, sortiert nach Ländern. Leider weiß man nicht, wie lang die Beiträge sind. Sechs Minuten oder 60? Eine Zeitleiste wurde vergessen. Davon abgesehen: Wer will sich 84 Videos mit Leuten ansehen, die nur erzählen? Das ist ein bisschen einseitig. Ich möchte einfach die sechs Dokufilme sehen und Punkt. Die aber bleiben den Online-Nutzern vorenthalten. Pech für die, die die Folgen im Fernsehen verpasst haben, kein arte empfangen oder keinen Fernseher haben. Und das ist mal wieder eine typische medienkonservative Online-Strategie: Ins Internet kommt der Ausschuss, der, böse gesagt, Produktionsabfall. Das muss für die Gebühren zahlenden Online-Nutzer reichen.

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Otto Hildebrandt (Gast) - 2013-10-10 14:08

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