Die gescheiterte Königsmörderin
Strafanzeigen, Hausdurchsuchungen, Antisemitismus-Vorwürfe: Als Schatzmeisterin des DJV Berlin hat Jutta Rabe einen Kleinkrieg gegen ihre Vorstandskollegen geführt. Gestern wurde sie abgewählt. Für den Verband enden damit dunkle Jahre.
Schon mit ihren ersten Sätzen gibt Jutta Rabe einen Einblick in ihre Welt voller Verschwörungstheorien. Es sind ihre letzten Minuten als Schatzmeisterin des Deutschen Journalisten-Verbandes Berlin. „Ich möchte darauf aufmerksam machen, dass, wie auch letztes Mal, so ein Schlägertrupp wieder im Saal ist. Die müssen entfernt werden. Ich bin beim letzten Mal angegriffen worden“, sagt Rabe. Zudem müssten auch „alle Handys und Computer abgegeben werden, damit nicht übers Internet nach draußen Verbindungen aufrecht erhalten werden“.
An den Angriff scheint nur sie sich zu erinnern. Der vermeintliche Schlägertrupp im Raum sind lediglich zwei Saalordner, welche die Katholische Akademie in Berlin-Mitte, in deren Räumen die außerordentliche DJV-Berlin-Mitgliederversammlung tagt, vorschreibt.
Gestern Abend ist Jutta Rabe von ihrem Amt als Schatzmeisterin mit 78 von 106 Stimmen und sieben Enthaltungen abgewählt worden. Ihre Nachfolgerin, die langjährige Fotografin der Berliner Morgenpost, Gabriele Fromm, erhielt 84 von 91 Stimmen, darunter ebenfalls sieben Enthaltungen: „Ich werde euch nicht enttäuschen", sagte Fromm.
Der große Knall
Was fast nach Verbandsroutine klingt, ist nicht weniger als das Ende eines jahrelangen Kampfes, eines Kampfes, an dem der DJV Berlin, der Gründerverband des DJV, beinahe zugrunde gegangen wäre. Der große Knall kam 2004. Die DJV-Zentrale in Bonn schloss den Landesverband Berlin und den Landesverband Brandenburg aus dem Dachverband aus und gründete zwei neue Landesverbände, die später zum DJV-Journalistenverband Berlin-Brandenburg (JVBB) fusionierten. Heute gibt es in Berlin und Brandenburg parallel existierende DJV-Verbände. Grund für den damaligen Ausschluss waren fragwürdige Vorstandswahlen. Stimmen sollen gekauft worden sein, Mitglieder von Brandenburg nach Berlin in großer Zahl transferiert worden sein. Nicht zuletzt wurden dem damaligen Vize-Vorsitzenden des DJV Brandenburg, Torsten Witt, rechtsradikale Verbindungen nachgesagt. Alexander Kulpok, damals DJV Berlin-Chef, der sich mit Hilfe von über Nacht nach Berlin gewechselten Brandenburger Mitgliedern wiedergewählt haben lassen soll, wurde obendrein vorgeworfen, den Verband kaputtgewirtschaftet zu haben. Vor seiner Amtsübernahme war der Landesverband Berlin einer der reichsten, als Kulpok 2005 abgewählt wurde, musste der Insolvenzverwalter kommen.
DJV Berlin-Mitglieder, die das Geschehen von Anfang an beobachtet haben, mutmaßen, dass Jutta Rabe vom früheren Verbandsvorsitzenden Alexander Kulpok dazu beauftagt worden war, den neuen Vorstand zu sabotieren. Ob mit Auftrag oder aus Eigeninitiative: Als Schatzmeisterin und Mitglied des Vorstands hatte Rabe genug Möglichkeiten. Und sie nutzte sie. So soll sie maßgeblich dazu beigetragen haben, die Fusion des DJV Berlin mit dem JVBB im vergangenen Jahr verhindert zu haben - indem sie Angst schürte, der JVBB sei nur auf das Verbandsvermögen aus.
Schlachten von gestern
Aber nicht genug: Den Vorsitzenden Peter Pistorius beschuldigte Rabe, antisemitische Äußerungen gemacht zu haben. Vor dem Landgericht Berlin musste sie dann in einem Vergleich zustimmen, diese Vorwürfe nicht mehr zu wiederholen. Dafür stellte sie gegen Pistorius Strafanzeige, weil dieser angeblich Verbandsgelder veruntreut haben sollte, worauf hin die Polizei vor drei Wochen die Geschäftsstelle des DJV Berlin und die Wohnung von Pistorius durchsuchte. Ohne Ergebnis.
Pistorius sagte dazu gestern Abend vor der Abwahl Rabes: „Die ganze Liste der Scheußlichkeiten möchte ich hier mit Rücksicht auf ihre Geduld und auf den guten Geschmack nicht präsentieren. Aber es muss jetzt Schluss sein mit der Raserei, die diesen Verband zu Grunde richtet. Im anmaßenden Opferton, den Frau Rabe ja so perfekt beherrscht, fantasiert sie immer noch von Enteignung, von Vernichtung des DJV Berlin, von Zwangsumsiedlung seiner Mitglieder, sie schlägt die Schlachten von gestern, um von den unerträglichen Zuständen abzulenken, die sie selber heraufbeschworen hat.“ Rabe wisse, wovon sie spreche, wenn sie von Untreue und vom Vorenthalten von Sozialversicherungsbeiträgen rede.
Dazu muss man wissen, dass Jutta Rabe 2008 vor ihrem Antritt als Schatzmeisterin vom Amtsgericht Potsdam wegen „Vorenthaltens von Arbeitsentgeld in 15 Fällen sowie wegen vorsätzlicher Insolvenzverschleppung und wegen Untreue“ zu einer Geldstrafe verurteilt worden ist. Rabe ihrerseits warnte „dringend“ vor ihrer Abwahl, weil die Mitglieder dann die letzte Möglichkeit verlören, „dass sich wirklich jemand für diesen Verband einsetzt und eine Kontrollfunktion ausübt“. Kontrolle hat Jutta Rabe gerne, vor allem über Menschen und mediale Botschaften. Das hat sie auch als Dokumentarfilmerin bewiesen. In ihrer Berichterstattung für Spiegel TV über den Untergang der Estonia hat sie die These vertreten, die Fähre sei von Terroristen versenkt worden. Später wurde bekannt, dass Rabe sehr gute Verbindungen zum Hersteller der Fähre gehabt haben soll. Rabes Bombenanschlags-Theorie kam ihm sehr entgegen, weil sie Schuld ablenkte. Spiegel TV distanzierte sich, als die Verbindungen herauskamen, von Rabe. Der damalige Spiegel-Chef Stefan Aust sagte gegenüber expresso-guide.de: „Zu diesem Zeitpunkt wurde offenbar, dass Frau Rabe die Suche nach der Wahrheit als persönlichen Feldzug begreift und die Grenzen journalistischen Handelns verlässt.“
Auch gestern Abend kämpfte Jutta Rabe noch bis zuletzt um ihren Posten. Die beiden unabhängigen Anwälte, Cord Heinichen und Amadeus Meisse, die souverän durch die Versammlung leiteten, wollte Rabe verhindern. Ihre Handvoll Unterstützer torpedierten den Vorstand mit allerlei sinnlosen Anträgen. Rabe wollte gar den gesamten Vorstand abwählen lassen. Am Ende half ihr nichts. Nachdem das Wahlergebnis verkündet wurde, sagte sie, bevor sie mit ihren Unterstützern ging: „Ich möchte dem Verband wirklich alles, alles erdenklich gute wünschen.“ Geglaubt hat ihr das im Saal wohl niemand mehr.
Schon mit ihren ersten Sätzen gibt Jutta Rabe einen Einblick in ihre Welt voller Verschwörungstheorien. Es sind ihre letzten Minuten als Schatzmeisterin des Deutschen Journalisten-Verbandes Berlin. „Ich möchte darauf aufmerksam machen, dass, wie auch letztes Mal, so ein Schlägertrupp wieder im Saal ist. Die müssen entfernt werden. Ich bin beim letzten Mal angegriffen worden“, sagt Rabe. Zudem müssten auch „alle Handys und Computer abgegeben werden, damit nicht übers Internet nach draußen Verbindungen aufrecht erhalten werden“.
An den Angriff scheint nur sie sich zu erinnern. Der vermeintliche Schlägertrupp im Raum sind lediglich zwei Saalordner, welche die Katholische Akademie in Berlin-Mitte, in deren Räumen die außerordentliche DJV-Berlin-Mitgliederversammlung tagt, vorschreibt.
Gestern Abend ist Jutta Rabe von ihrem Amt als Schatzmeisterin mit 78 von 106 Stimmen und sieben Enthaltungen abgewählt worden. Ihre Nachfolgerin, die langjährige Fotografin der Berliner Morgenpost, Gabriele Fromm, erhielt 84 von 91 Stimmen, darunter ebenfalls sieben Enthaltungen: „Ich werde euch nicht enttäuschen", sagte Fromm.
Der große Knall
Was fast nach Verbandsroutine klingt, ist nicht weniger als das Ende eines jahrelangen Kampfes, eines Kampfes, an dem der DJV Berlin, der Gründerverband des DJV, beinahe zugrunde gegangen wäre. Der große Knall kam 2004. Die DJV-Zentrale in Bonn schloss den Landesverband Berlin und den Landesverband Brandenburg aus dem Dachverband aus und gründete zwei neue Landesverbände, die später zum DJV-Journalistenverband Berlin-Brandenburg (JVBB) fusionierten. Heute gibt es in Berlin und Brandenburg parallel existierende DJV-Verbände. Grund für den damaligen Ausschluss waren fragwürdige Vorstandswahlen. Stimmen sollen gekauft worden sein, Mitglieder von Brandenburg nach Berlin in großer Zahl transferiert worden sein. Nicht zuletzt wurden dem damaligen Vize-Vorsitzenden des DJV Brandenburg, Torsten Witt, rechtsradikale Verbindungen nachgesagt. Alexander Kulpok, damals DJV Berlin-Chef, der sich mit Hilfe von über Nacht nach Berlin gewechselten Brandenburger Mitgliedern wiedergewählt haben lassen soll, wurde obendrein vorgeworfen, den Verband kaputtgewirtschaftet zu haben. Vor seiner Amtsübernahme war der Landesverband Berlin einer der reichsten, als Kulpok 2005 abgewählt wurde, musste der Insolvenzverwalter kommen.
DJV Berlin-Mitglieder, die das Geschehen von Anfang an beobachtet haben, mutmaßen, dass Jutta Rabe vom früheren Verbandsvorsitzenden Alexander Kulpok dazu beauftagt worden war, den neuen Vorstand zu sabotieren. Ob mit Auftrag oder aus Eigeninitiative: Als Schatzmeisterin und Mitglied des Vorstands hatte Rabe genug Möglichkeiten. Und sie nutzte sie. So soll sie maßgeblich dazu beigetragen haben, die Fusion des DJV Berlin mit dem JVBB im vergangenen Jahr verhindert zu haben - indem sie Angst schürte, der JVBB sei nur auf das Verbandsvermögen aus.
Schlachten von gestern
Aber nicht genug: Den Vorsitzenden Peter Pistorius beschuldigte Rabe, antisemitische Äußerungen gemacht zu haben. Vor dem Landgericht Berlin musste sie dann in einem Vergleich zustimmen, diese Vorwürfe nicht mehr zu wiederholen. Dafür stellte sie gegen Pistorius Strafanzeige, weil dieser angeblich Verbandsgelder veruntreut haben sollte, worauf hin die Polizei vor drei Wochen die Geschäftsstelle des DJV Berlin und die Wohnung von Pistorius durchsuchte. Ohne Ergebnis.
Pistorius sagte dazu gestern Abend vor der Abwahl Rabes: „Die ganze Liste der Scheußlichkeiten möchte ich hier mit Rücksicht auf ihre Geduld und auf den guten Geschmack nicht präsentieren. Aber es muss jetzt Schluss sein mit der Raserei, die diesen Verband zu Grunde richtet. Im anmaßenden Opferton, den Frau Rabe ja so perfekt beherrscht, fantasiert sie immer noch von Enteignung, von Vernichtung des DJV Berlin, von Zwangsumsiedlung seiner Mitglieder, sie schlägt die Schlachten von gestern, um von den unerträglichen Zuständen abzulenken, die sie selber heraufbeschworen hat.“ Rabe wisse, wovon sie spreche, wenn sie von Untreue und vom Vorenthalten von Sozialversicherungsbeiträgen rede.
Dazu muss man wissen, dass Jutta Rabe 2008 vor ihrem Antritt als Schatzmeisterin vom Amtsgericht Potsdam wegen „Vorenthaltens von Arbeitsentgeld in 15 Fällen sowie wegen vorsätzlicher Insolvenzverschleppung und wegen Untreue“ zu einer Geldstrafe verurteilt worden ist. Rabe ihrerseits warnte „dringend“ vor ihrer Abwahl, weil die Mitglieder dann die letzte Möglichkeit verlören, „dass sich wirklich jemand für diesen Verband einsetzt und eine Kontrollfunktion ausübt“. Kontrolle hat Jutta Rabe gerne, vor allem über Menschen und mediale Botschaften. Das hat sie auch als Dokumentarfilmerin bewiesen. In ihrer Berichterstattung für Spiegel TV über den Untergang der Estonia hat sie die These vertreten, die Fähre sei von Terroristen versenkt worden. Später wurde bekannt, dass Rabe sehr gute Verbindungen zum Hersteller der Fähre gehabt haben soll. Rabes Bombenanschlags-Theorie kam ihm sehr entgegen, weil sie Schuld ablenkte. Spiegel TV distanzierte sich, als die Verbindungen herauskamen, von Rabe. Der damalige Spiegel-Chef Stefan Aust sagte gegenüber expresso-guide.de: „Zu diesem Zeitpunkt wurde offenbar, dass Frau Rabe die Suche nach der Wahrheit als persönlichen Feldzug begreift und die Grenzen journalistischen Handelns verlässt.“
Auch gestern Abend kämpfte Jutta Rabe noch bis zuletzt um ihren Posten. Die beiden unabhängigen Anwälte, Cord Heinichen und Amadeus Meisse, die souverän durch die Versammlung leiteten, wollte Rabe verhindern. Ihre Handvoll Unterstützer torpedierten den Vorstand mit allerlei sinnlosen Anträgen. Rabe wollte gar den gesamten Vorstand abwählen lassen. Am Ende half ihr nichts. Nachdem das Wahlergebnis verkündet wurde, sagte sie, bevor sie mit ihren Unterstützern ging: „Ich möchte dem Verband wirklich alles, alles erdenklich gute wünschen.“ Geglaubt hat ihr das im Saal wohl niemand mehr.
7an - 2011-04-15 12:50
Trackback URL:
https://jan.twoday.net/stories/16565282/modTrackback