Reporter - eine Art Beruf

Ich brauchte aber auch einen Nebenjob. Im Sommer hatte ich einen Werkstudentenjob im Online-Marketing nach ein paar Wochen für eine Hospitanz in der Redaktion von sueddeutsche.de abgebrochen. Ich brauchte Geld, aber alle Redaktionen, die mir in den Sinn kamen, brauchten niemanden. Und als freier Lokalreporter konnte ich nur ein Butterbrot verdienen.
Ein paar Jahre früher hatte ich noch große Aversionen gegen Marketing, PR und den ganzen Kram gehabt, gegen Boulevard-Journalismus sowieso, aber nach einer Hospitanz bei Zeit online war ich toleranter und weniger radikal geworden, habe die Welt weniger schwarz-weiß gesehen. Trotz allem wollte ich Journalist werden. Die glattgebügelte Businesswelt lag mir nicht. Aber hier ging es nur um einen kleinen Nebenjob, vorübergehend, und er war gut bezahlt.
Ich ging in eine Bahnhofsbuchhandlung und da sah ich ihn, zum ersten Mal: Dagobert Lindlau, eine deutsche Reporterlegende. Er stand da auf seinem Buchcover und hatte so etwas Authentisches, so etwas Ehrliches, Prinzipientreues, er hatte Haltung. "Reporter - eine Art Beruf" stand auf dem Cover. Ich kaufte das Buch. Fünf Tage später zog ich meine Bewerbung für den Job zurück.
Alles Gute zum 80. Geburtstag, Dagobert Lindlau!
7an - 2010-10-11 17:18