Wissenschaftsjournalismus – Die „Chronik“ eines Neubeginns
Der Bachelorstudiengang in Darmstadt
Von Jan Söfjer
Wissenschaft in den Medien vor 15 Jahren? Fehlanzeige. Wenn es solche Themen überhaupt gab, dann fand man sie nur unter dem sprichwörtlichen Stein – zusammen mit einer kleinen verschworenen Interessengemeinschaft.
Und heute? Wissenschaft überall, ein Wegbegleiter des Alltags: Welt der Wunder, Galileo, Planetopia, Geo, PM, National Geographic, Süddeutsche Zeitung Wissen, ZEIT Wissen. Das sind die Bekannten. Die Fachblätter und Sendungen sind noch viel zahlreicher.
Die Nachfrage nach solchen Themen ist vorhanden. De facto werden entsprechende Redakteure benötigt. Aber wie wird man einer?
Die klassische Ausbildung eines Wissenschaftsredakteurs beginnt üblicherweise mit einem Fachstudium wie Biologie, Physik oder Chemie. Das Problem ist nur, dass dieser nach dem Studium vom Journalismus soviel versteht wie ein Bäcker von Teilchenbeschleunigung. Das journalistische Handwerkszeug muss mühsam nebenbei und nach dem Abschluss erworben werden.
Darmstadt setzt neue Maßstäbe in der Ausbildung
Nun macht die Fachhochschule Darmstadt, motiviert durch einen Wettbewerb von Volkswagen Stiftung, Bertelsmann Stiftung und der BASF-AG, den ersten Schritt zur Verschmelzung beider Fachgebiete: Der Bachelorstudiengang Wissenschaftsjournalismus startet im Wintersemester 2005/2006.
Theoretische und praktische journalistische Grundkompetenzen werden genauso vermittelt, wie ein breites Feld naturwissenschaftlicher Themen in den Schwerpunkten Chemie, Biotechnologie und Physik – abgerundet durch gesellschaftswissenschaftliche Hintergrundfächer.
Macht es Sinn so ein gestreutes Wissen zu vermitteln?
In einer Studie der FHD wurden 35 Wissenschaftsjournalisten, Ressortleiter oder Chefredakteure, sowie 24 Pressesprecher befragt. Auf die Frage: „Welchen Journalisten, die zu Wissenschaftsthemen arbeiten, räumen Sie ganz allgemein im Medienmarkt der Zukunft bessere Chancen ein?“, entschieden sich 80 Prozent der Journalisten und 70 Prozent der PR-Fachleute für „Generalisten, die ein breites Grundverständnis für naturwissenschaftliches Wissen mitbringen.“ Nur bei der PM sucht man ausschließlich Experten, die auch schreiben können.
Zu den wichtigsten Qualifikationen zählten die Redakteure Recherchekompetenz und das Beherrschen der journalistischen Darstellungsformen. Den PR-Fachleuten war die Fähigkeit zum Ausbau eines Experten-Netzwerkes, sowie Wissen über gesellschaftliche, politische und wirtschaftliche Hintergründe der Medien entscheidender.
Struktur des Studiums
Studiert wird sechs Semester. Im vierten Semester ist ein zwölfwöchiges Praktikum in einer Redaktion oder PR-Agentur abzuleisten. Im sechsten Semester schreiben die Studenten überwiegend an ihrem Titel Bachelor of Arts (B.A.).
Von den befragten Journalisten waren 63 Prozent zur Unterstützung der Ausbildung oder einer Kooperation bereit – immer noch 34 Prozent eventuell. Bei den PR-Leuten wollten sich nur 20 Prozent nicht festlegen - 75 Prozent hingegen sicherten Tatenkraft zu.
Wie wird sich die Nachfrage in der Zukunft entwickeln?
Es ist davon auszugehen, dass das Interesse an den Wissenschaften steigt. Zu den „alten“ Themen, wie Kernkraft und Erderwärmung gesellten sich die so genannten Life-Sciences (Klonen, embryonale und adulte Stammzellen etc.), die regelmäßig ethische und politische Debatten auslösen. Aber auch das Flüstern aus den Labors, welches verspricht Massenkrankheiten bald heilen zu können, erweckt großes Interesse.
Überhaupt verlangen die Medienkonsumenten heutzutage nach mehr Hintergrund. Das Erklären der Funktion und Wirkweise von Doping während einer Weltmeisterschaft wäre ein Beispiel.
Mittlerweile hat sogar der Boulevard die Wissenschaften für sich entdeckt. Namentlich punktet der Matador jeden Monat mit einer 20seitigen Wissensbeilage.
Die befragten Interviewpartner bestätigten den Optimismus. 34 Prozent der Journalisten und 29 Prozent der PR-Leute denken, dass der Bedarf von Journalisten mit naturwissenschaftlichem Hintergrund in den nächsten fünf bis zehn Jahren im Medienmarkt konstant bleiben wird. 60 Prozent der Redakteure und 71 Prozent der Öffentlichkeitsarbeiter sind sich sogar sicher, dass die Nachfrage nach solch qualifizierten Kräften steigt.
Da sind sie sich einig mit den kleinsten Wissbegierigen unserer Gesellschaft, den Kindern. Diese entwickeln sich verstärkt zur eigenen Zielgruppe. Super RTL startete die Sendung „Wow, die Entdeckerzone“, ARD „Wissen macht Ah“. Im Print sind die Kindermagazine „National Geographic World“ und Geolino höchst erfolgreich und können auf eine enorm gestiegene Auflage verweisen. Das Publikum für morgen ist also gesichert.
Zur Studiengangswebsite
Von Jan Söfjer
Wissenschaft in den Medien vor 15 Jahren? Fehlanzeige. Wenn es solche Themen überhaupt gab, dann fand man sie nur unter dem sprichwörtlichen Stein – zusammen mit einer kleinen verschworenen Interessengemeinschaft.
Und heute? Wissenschaft überall, ein Wegbegleiter des Alltags: Welt der Wunder, Galileo, Planetopia, Geo, PM, National Geographic, Süddeutsche Zeitung Wissen, ZEIT Wissen. Das sind die Bekannten. Die Fachblätter und Sendungen sind noch viel zahlreicher.
Die Nachfrage nach solchen Themen ist vorhanden. De facto werden entsprechende Redakteure benötigt. Aber wie wird man einer?
Die klassische Ausbildung eines Wissenschaftsredakteurs beginnt üblicherweise mit einem Fachstudium wie Biologie, Physik oder Chemie. Das Problem ist nur, dass dieser nach dem Studium vom Journalismus soviel versteht wie ein Bäcker von Teilchenbeschleunigung. Das journalistische Handwerkszeug muss mühsam nebenbei und nach dem Abschluss erworben werden.
Darmstadt setzt neue Maßstäbe in der Ausbildung
Nun macht die Fachhochschule Darmstadt, motiviert durch einen Wettbewerb von Volkswagen Stiftung, Bertelsmann Stiftung und der BASF-AG, den ersten Schritt zur Verschmelzung beider Fachgebiete: Der Bachelorstudiengang Wissenschaftsjournalismus startet im Wintersemester 2005/2006.
Theoretische und praktische journalistische Grundkompetenzen werden genauso vermittelt, wie ein breites Feld naturwissenschaftlicher Themen in den Schwerpunkten Chemie, Biotechnologie und Physik – abgerundet durch gesellschaftswissenschaftliche Hintergrundfächer.
Macht es Sinn so ein gestreutes Wissen zu vermitteln?
In einer Studie der FHD wurden 35 Wissenschaftsjournalisten, Ressortleiter oder Chefredakteure, sowie 24 Pressesprecher befragt. Auf die Frage: „Welchen Journalisten, die zu Wissenschaftsthemen arbeiten, räumen Sie ganz allgemein im Medienmarkt der Zukunft bessere Chancen ein?“, entschieden sich 80 Prozent der Journalisten und 70 Prozent der PR-Fachleute für „Generalisten, die ein breites Grundverständnis für naturwissenschaftliches Wissen mitbringen.“ Nur bei der PM sucht man ausschließlich Experten, die auch schreiben können.
Zu den wichtigsten Qualifikationen zählten die Redakteure Recherchekompetenz und das Beherrschen der journalistischen Darstellungsformen. Den PR-Fachleuten war die Fähigkeit zum Ausbau eines Experten-Netzwerkes, sowie Wissen über gesellschaftliche, politische und wirtschaftliche Hintergründe der Medien entscheidender.
Struktur des Studiums
Studiert wird sechs Semester. Im vierten Semester ist ein zwölfwöchiges Praktikum in einer Redaktion oder PR-Agentur abzuleisten. Im sechsten Semester schreiben die Studenten überwiegend an ihrem Titel Bachelor of Arts (B.A.).
Von den befragten Journalisten waren 63 Prozent zur Unterstützung der Ausbildung oder einer Kooperation bereit – immer noch 34 Prozent eventuell. Bei den PR-Leuten wollten sich nur 20 Prozent nicht festlegen - 75 Prozent hingegen sicherten Tatenkraft zu.
Wie wird sich die Nachfrage in der Zukunft entwickeln?
Es ist davon auszugehen, dass das Interesse an den Wissenschaften steigt. Zu den „alten“ Themen, wie Kernkraft und Erderwärmung gesellten sich die so genannten Life-Sciences (Klonen, embryonale und adulte Stammzellen etc.), die regelmäßig ethische und politische Debatten auslösen. Aber auch das Flüstern aus den Labors, welches verspricht Massenkrankheiten bald heilen zu können, erweckt großes Interesse.
Überhaupt verlangen die Medienkonsumenten heutzutage nach mehr Hintergrund. Das Erklären der Funktion und Wirkweise von Doping während einer Weltmeisterschaft wäre ein Beispiel.
Mittlerweile hat sogar der Boulevard die Wissenschaften für sich entdeckt. Namentlich punktet der Matador jeden Monat mit einer 20seitigen Wissensbeilage.
Die befragten Interviewpartner bestätigten den Optimismus. 34 Prozent der Journalisten und 29 Prozent der PR-Leute denken, dass der Bedarf von Journalisten mit naturwissenschaftlichem Hintergrund in den nächsten fünf bis zehn Jahren im Medienmarkt konstant bleiben wird. 60 Prozent der Redakteure und 71 Prozent der Öffentlichkeitsarbeiter sind sich sogar sicher, dass die Nachfrage nach solch qualifizierten Kräften steigt.
Da sind sie sich einig mit den kleinsten Wissbegierigen unserer Gesellschaft, den Kindern. Diese entwickeln sich verstärkt zur eigenen Zielgruppe. Super RTL startete die Sendung „Wow, die Entdeckerzone“, ARD „Wissen macht Ah“. Im Print sind die Kindermagazine „National Geographic World“ und Geolino höchst erfolgreich und können auf eine enorm gestiegene Auflage verweisen. Das Publikum für morgen ist also gesichert.
Zur Studiengangswebsite
Jan Soefjer - 2005-03-05 03:51
Gute Aussischten
Was nützen mir denn - um einen Vergleich zu wagen - tolle Computerspiele-Ideen, wenn ich nicht programmieren kann?
Journalistische Kompetenz lässt sich nicht mal eben so irgendwie nebenbei erlernen. Weischenberg, Direktor des Instituts für Journalistik und Kommunikationswissenschaft in Hamburg, sagte dazu: „Journalismus ist ein anspruchsvolles Handwerk, das weit über die Fähigkeit hinausgeht, unfallfrei Nachrichten zu formulieren. Zweifellos gibt es einige wenige Ausnahmetalente, die ohne klassische Ausbildung tolle Reportagen schreiben können, so wie es bestimmt Genies geben mag, die, ohne je Medizin studiert zu haben, einen Blinddarm entfernen könnten.“
Obendrein gilt es selbstverständlich, sich als Wissenschaftsjournalist, beruflich und privat, naturwissenschaftlich weiterzubilden. Für einen Dr. wird es dann wohl nicht mehr reichen, aber primär ist man eben Redakteur und kein Forscher.