Guernica III: Die ermordete Stadt

Guernica von Picasso
Siehe auch Guernica Teil I und Teil II.
Rudolf von Moreau sollte eigentlich das Ziel für die anderen Bomber markieren. Eigentlich. Denn offiziell galt es eine Brücke vor Guernica zu zerstören, damit sich zurück ziehende Republikaner nicht in die Stadt flüchten konnten. In Wahrheit übte die deutsche Luftwaffe das Flächenbombardement von zivilen Städten für den Zweiten Weltkrieg. Sie wollten Ausprobieren, wie gut ihre Bomben funktionierten.
Der große spanische Brudermord
Der spanische Bürgerkrieg war dafür eine gute Gelegenheit. Das Chaos war groß im Land. Anachisten, Sozialisten, Kommunisten und Republikaner, kurz: die untereinander zerstrittenen Linken kämpften gegen die rechten Putschisten unter General Franco, dessen Diktatur nach dem Sieg seiner Truppen Sieg bis in die Siebziger dauern sollte. Ganz Spanien war rot vor vergossenem Blut. Linke Kommandos ermordeten bekennende Faschisten, ausbeuterische Großgrundbesitzer, aber auch Priester und Nonnen. Intellektuelle, Ärzte und Lehrer fielen widerrum den Faschisten zum Opfer. Es war der große Krieg Linker gegen Rechter. Und obwohl es eine Nichteinmischungspolitik für die anderen Staaten gab, mischte kaum jemand in Europa nicht mit. So auch Hitler, der Franco an der Macht sehen wollte, damit von Spanien später keine Gefahr ausginge.
So sendeten schließlich die Nazis unter hoher Geheimhaltung die Legion Condor nach Spanien. Im November 1936 kamen die ersten Soldaten an. Ihr Befehlshaber war Wolfram Freiherr von Richthofen. Mit der Bombardierung von Guernica wollte der Cousin des berühmten Manfred von Richthofen zwei Ziele erreichen: Die Aufgabe der republiktreuen Basken und das Testen von Flächenbombardements. Militärische Anlagen gab es in der Stadt mit wenigen tausend Einwohnern nicht.
Zu Beginn der 70er Jahre haben die britischen Autoren Gordon Thomas und Max Morgan-Witts drei Monate in Guernica recherchiert und mit Überlebenden gesprochen, um später das Buch "Der Tag an dem Guernica starb" zu schreiben. Unter anderem stützte sich auch der GEO-Redakteur Jens Schröder auf das Buch, um in der aktuellen Ausgabe des Magazins eine grandiose 16-seitige Reportage im historischen Stil über das Kriegsverbrechen der Deutschen zu schreiben. Den Augenblick als die ersten Bomben einschlagen, beschreibt Schröder folgendermaßen:
"Zum Schlachten zusammengetrieben"
Auf dem Bahnhofsplatz detonieren die ersten Sprengsätze mitten unter mehr als 300 Menschen, die auf den Zug nach Bilbao warten oder beim Fliegeralarm aus ihren Häusern gestürzt sind. In der Calle de la Estación, 100 Meter vom Bahnhof entfernt, wird der Feuerwehrmann Juan Silliaco von der Druckwelle zu Boden geschleudert. Als er aufblickt, sieht er eine Gruppe von Frauen mit ihren Kindern. Ihre Körper werden sechs Meter hoch gehoben und dort durch die Kraft der Detonation in Stücke gerissen.
Silliaco rafft sich auf, rennt auf die nächste Einschlagstelle zu. Überall schreien Verwundete, Geschockte, Hinterbliebene. Am lautesten ist der Tumult vor dem vierstöckigen Hotel "Julián", dessen Fassade unter der Wucht einer 250-Kilo-Sprengbombe zusammengefallen ist. Mehrere Frauen wühlen weinend in dem Schutthaufen. Bis vor wenigen Minuten haben ihre Kinder vor dem Hotel gespielt. Silliaco brüllt, sie sollen still sein. Er legt sich auf die Trümmer und horcht. Dann steht er auf und schüttelt langsam den Kopf.
Der Bäcker Antonio Arazamagni kniet ungläubig vor einem Jungen, den er als Messdiener aus der Kirche Santa María kennt. Die Kleider hängen dem Kind in Fetzen vom Leib. Ansonsten scheint es unverletzt - doch die Druckwelle hat seine Lunge platzen lassen. Entsetzt stolpert Arazamagni weiter auf den Bahnhof zu. Die Zwölfjährige Florence Madariaga erkennt er an ihrem Zopf, der fast das Einzige ist, was noch an ihrem Schädel klebt.
[...] Auf der Straße beugt sich der Bäcker über eine verletzte Büroangestellte. Er will sie in eine Wohnung tragen, damit eine Bekannte sich dort um das Mädchen kümmern kann. Die Frau kommt Arazamagni durch die enge Gasse entgegengelaufen, um ihm zu helfen. In diesem Moment treffen die He 51 [7an: Heinkel 51, Jagdflugzeuge] ein, rasen in etwa 30 Meter Höhe über die Straßen und Plätze - 'wie fliegende Schäferhunde, die eine Menschenherde zum Schlachten zusammentrieben', so wird es später ein Bewohner beschreiben.
Die Frau in der Gasse wird von der Wucht einer Maschinengewehrsalve nach hinten geschleudert. Als ihre Kinder auf die Leiche zulaufen, tötet sie ein einziger Feuerstoß aus der Bordwaffe der zweiten Heinkel."
Große Party
Die deutschen Soldaten feierten später in der Nacht eine große Party. Befehlshaber von Richthofen notierte vier Tage später in sein Tagebuch: "Bombenlöcher auf Straßen noch zu sehen. Einfach toll."
Nicht toll fand es der spanische Maler Pablo Picasso. In Paris malt er kurz drauf in sechswöchiger bessener Arbeit eines seiner berühmtesten Werke: Guernica. 3,50 Meter hoch und 7,80 Meter lang. Ein Bild, das wie kaum ein anderes die Unmenschlichkeit des Krieges verkörpert.
Quellen: GEO 5/2007, Wikipedia Einträge 1, 2, 3, 4
7an - 2007-04-26 18:53
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