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Montag, 7. Mai 2007

Nachtgedanken in Darmstadt

Der Wind jagt durch die Stadt, wie ein unbändiger Hund, der sich losgerissen hat. Doch er weiß nicht wohin in dieser Nacht - auf diesen leeren Straßen. Der Hund und ich berühren uns, erkennen einander und sind froh uns zu haben. Denn die Welt erscheint uns falsch heut Nacht. Wie ein Abziehbild. Ein blasses Bild einst blühender Tage. Da ist der Tankwart in diesem einsamen neongrellen Kassenraum, der beim Sprechen wirkt, als müsse er Fusseln spucken und es deshalb nicht mag, da ist das Begreifen, dass ein Abschnitt in meinem Leben zuende geht und nur noch Leere da ist, und da ist die Furcht vor dem Alter, das ich immer lachend in den Arm genommen habe.

Die Tankstelle ist nur noch ein trostloser Ort. Ein Friedhof. Damals habe ich dort noch gearbeitet. Damals pulste dort noch das Leben. Es war ein Ort zum Verweilen, ein Ort zum Reden, ein Ort der Herzlichkeit. Seitdem mein Chef damals rausgeworfen wurde ist es nur noch ein Gespensterschloss.

Der Wind jagt durch die Zapfsäulen. Eine Geisterstadt? Wo sind die Spieler? Wo das Lachen? Wo der Wein? Wo die Frauen?

Darmstadt. Wirst du dich mir entfremden? Muss ich fort, weil meine Zeit hier um ist? Abschnitte im Leben sind wie die Liebe. Man muss immer versuchen den richtigen zur richtigen Zeit zu finden, um das lachende Glück sein nennen zu können. Findet man sie nicht, ist das Leben wie der Aufenthalt in einem Hotel, wo einen jeder Gast mürrisch anblickt.

Das Alter. Ich mag es. Es erzählt von Charakter, von Persönlichkeit und von Reife. Ich erinnere mich an die Bilder aus meiner Pubertät und erschrecke. Wie konnte ich nur so naiv leben? Welch Grauen. Doch warum bleibt keine Zeit, Reife und Jugend gemeinsam genießen zu können? Der Wind jagd durch mein langes Haar und ich frage mich, ob er das in fünf oder zehn Jahren noch machen können wird. Ich hielt mich für unverwundbar. Für einen Baum, dessen Blätter nie welken. Für einen Quell nie schwindender Kraft und Jugend. Bis die ersten Zeichen kamen.

Ich stiere zu Boden und bilde mir ein Whispern ein. Ein Murmeln und Rascheln. Die Klage der Toten. Die Klage der ungezählten jungen Männer, die wie ich, auf dieser Erde standen und dachten, sie könnten dieser Welt trotzen. Doch am Ende sind wir alle Staub.

Das fremde Meer

Ich habe absolut keine Ahnung, was ich nach dem Studium machen soll. Am liebsten würde ich wohl als Selbständiger arbeiten und habe auch bereits Ideen, womit ich alles Geld verdienen kann. Obendrein überlege auch noch im April 2008 für ein Jahr auf die Reutlinger Reportage-Schule zu gehen. Damit hätte ich noch ein weiteres Standbein und könnte auch noch hin und wieder eine Auslandsreportage machen. Doch wenn ich ehrlich bin habe ich einfach nur Angst. Angst vor der Zukunft. Bisher hatte ich immer eine Perspektive und war trotzdem behütet. Mag sein, dass in fünf oder zehn Jahren alles ganz toll sein wird, aber momentan sorgt mich die Vorstellung mit einem kleinen Schiffchen aufs Meer hinaus zu müssen. Eigentlich möchte ich einfach nur im Hafen bleiben.


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