Kommerz mit dem Nazi-Buch
Heute morgen sah ich in einer Buchhandlung am Frankfurter Hauptbahnhof einen unübersehbaren Turm aus Littell-Büchern.
Jonathan Littells Buch „Die Wohlgesinnten“ handelt von einem schwulen SS-Offizier und war in Frankreich ein großer Erfolg. Hierzulande druckte die FAZ Auszüge aus dem Buch.
„Die Zeit“ wirft dem Autor jedoch vor, er glorifiziere einen nationalsozialistischen Helden. Die Begründungen sind glaubhaft. Unter diesem Aspekt betrachtet, ist es interessant, wie anstandslos Buchhandlungen das Werk in großem Maßstab bewerben. Frei nach dem Motto: „Die Medien begleiten das Ding mit Pomp und Trara, es wird sicher auch in Deutschland ein Erfolg, also ab ins Schaufenster damit“.
Das beweist, wie unreflektiert manche Buchhandlungen ihre Ware anpreisen. Die didaktische Kompetenz, die eigentlich von solch Geschäften zu erwarten ist, hat sich somit in Kommerzhörigkeit aufgelöst.
Ein Auszug aus der Kritik von Zeit-Feuilletonistin Iris Radisch
Den Täter aber ins Zentrum zu rücken, intellektuell und mythologisch aufzurüschen und gleichzeitig für unschuldig – im antiken Sinn schuldunfähig – zu erklären, das ist Legendenbildung. Eine Überhöhung des Täters, wie sie eine am Stockholm-Syndrom leidende Geisel vornimmt. Beinahe eine Heldenerzählung. Aber wozu, bitte schön, brauchen wir einen nationalsozialistischen Helden? [...]
Bleibt die allerletzte Frage: Warum sollen wir dieses Buch eines schlecht schreibenden, von sexuellen Perversionen gebeutelten, einer elitären Rasseideologie und einem antiken Schicksalsglauben ergebenen gebildeten Idioten um Himmels willen dennoch lesen? Ich muss gestehen: Pardon, chers amis français, aber auf diese Frage habe ich keine Antwort gefunden.
Ein Auszug aus der Kritik von Zeit-Autor und Sozialpsychologe Harald Welzer
So bleibt als Erklärung für die Aufmerksamkeit, die das sterbenslangweilige Buch erfährt, einerseits der spektakuläre Erfolg, den es andernorts gehabt hat, und andererseits die immer wieder aufs Neue belegte Erkenntnis, dass sich das Nazizeug verkauft. [...]
Den Geschichtspädagogen sollte dieses Buch daher als Beispiel dafür dienen, dass die Monumentalisierung des Grauens auch dazu führen kann, dass am Ende nur die Faszination am monumentalen Grauen übrig bleibt. Nachtrag: Es ist erstaunlich, wie leicht man die FAZ dazu bekommt, für etwas Stellung zu beziehen.
Jonathan Littells Buch „Die Wohlgesinnten“ handelt von einem schwulen SS-Offizier und war in Frankreich ein großer Erfolg. Hierzulande druckte die FAZ Auszüge aus dem Buch.
„Die Zeit“ wirft dem Autor jedoch vor, er glorifiziere einen nationalsozialistischen Helden. Die Begründungen sind glaubhaft. Unter diesem Aspekt betrachtet, ist es interessant, wie anstandslos Buchhandlungen das Werk in großem Maßstab bewerben. Frei nach dem Motto: „Die Medien begleiten das Ding mit Pomp und Trara, es wird sicher auch in Deutschland ein Erfolg, also ab ins Schaufenster damit“.
Das beweist, wie unreflektiert manche Buchhandlungen ihre Ware anpreisen. Die didaktische Kompetenz, die eigentlich von solch Geschäften zu erwarten ist, hat sich somit in Kommerzhörigkeit aufgelöst.
Ein Auszug aus der Kritik von Zeit-Feuilletonistin Iris Radisch
Den Täter aber ins Zentrum zu rücken, intellektuell und mythologisch aufzurüschen und gleichzeitig für unschuldig – im antiken Sinn schuldunfähig – zu erklären, das ist Legendenbildung. Eine Überhöhung des Täters, wie sie eine am Stockholm-Syndrom leidende Geisel vornimmt. Beinahe eine Heldenerzählung. Aber wozu, bitte schön, brauchen wir einen nationalsozialistischen Helden? [...]
Bleibt die allerletzte Frage: Warum sollen wir dieses Buch eines schlecht schreibenden, von sexuellen Perversionen gebeutelten, einer elitären Rasseideologie und einem antiken Schicksalsglauben ergebenen gebildeten Idioten um Himmels willen dennoch lesen? Ich muss gestehen: Pardon, chers amis français, aber auf diese Frage habe ich keine Antwort gefunden.
Ein Auszug aus der Kritik von Zeit-Autor und Sozialpsychologe Harald Welzer
So bleibt als Erklärung für die Aufmerksamkeit, die das sterbenslangweilige Buch erfährt, einerseits der spektakuläre Erfolg, den es andernorts gehabt hat, und andererseits die immer wieder aufs Neue belegte Erkenntnis, dass sich das Nazizeug verkauft. [...]
Den Geschichtspädagogen sollte dieses Buch daher als Beispiel dafür dienen, dass die Monumentalisierung des Grauens auch dazu führen kann, dass am Ende nur die Faszination am monumentalen Grauen übrig bleibt. Nachtrag: Es ist erstaunlich, wie leicht man die FAZ dazu bekommt, für etwas Stellung zu beziehen.
7an - 2008-02-26 10:11