header_neu

Die entzauberte Welt

Über das Blog eines Bekannten Reisenotizen aus Asien gefunden. Und wieder wird mir vor allem eines deutlich: Asien ist nichts besonderes mehr. Standardurlaub. Jeder Zwanzigjährige Student aus der deutschen Provinz ist dort. Ich sehe Bilder wie dieses. Es könnte auch in Ostdeutschland geschossen worden sein. Gibt es überhaupt einen Unterschied? Dazu Texte wie dieser:

Mittags gings dann gleich hoch zum Wat Doi Suthep, einer Tempelanlage mit City View ueber Chiang Mai. Fantastisch!
Zuruck im Guesthouse wollte ich mich eigentlich aufs Ohr hauen, zum Glueck kam mir ne gemischte Reisegruppe aus Englaendern (Tom, Glyn, Dave) Hollaendern (Bart und Anhang, Sorry muss mich nochmal nach dem Namen erkundigen...) und einer Australierin (Ema) dazwischen, die mich gleich zum Feiern animiert haben. Echt ein geiler Trupp! So much Fun!

Es geht um ein fremdes Land, aber für mich klingt es mehr nach Discopark und Ballermann. Gibt es also überhaupt noch etwas auf dieser Welt zu entdecken? Und wenn ja, was, wo doch selbst der Mount Everest mit Touristengruppen überschüttet wird? Es steht wohl so: Es gibt viel zu entdecken und wird immer etwas zu entdecken geben. Aber der Ort spielt keine Rolle mehr. Das Besondere kann genauso im deutschen Dorf wie in der thailändischen Stadt wie an der australischen Küste liegen. Das Ferne per se hat jegliche Exotik, jeglichen Reiz verloren. Die Terra incognita ist restlos vom weißen Mann erobert.
Grungemaster - 2009-06-07 19:30

In diesem Punkt stimmen wir ausnahmsweise mal zu 100 Prozent überein. Du hast in Deinem Beitrag alles gesagt - dem gibt es nichts mehr hinzuzufügen.
mrpink - 2009-06-17 13:33

Was heißt für dich entdecken? Hier geht es nicht um verborgene Tempel oder sowas. Es geht ums Reisen, um Spontanität, um die Suche nach dem Glück, dem perfekten Moment... Schade, dass du das nicht nachvollziehen kannst. Ich wünsche es dir!

P.S.: Ich befürchte du warst weder am Ballermann nach in Chiang Mai. Ich war schon an beiden Orten und kann dir sagen: Es gibt da keine Gemeinsamkeit!
7an - 2009-06-17 15:05

was ich beschreibe, ist eine traurigkeit über die moderne welt. es ist eine bisweilen romantische und auch unrealistische weltsicht, aber so sehr ich die moderne auch liebe, so vermisse ich doch auch die vergangene zeit, in der du noch auf einem segelschiff anheuern konntest und in die fernsten länder gesegelt bist. länder, die wirklich unerreichbar schienen, die wirklich noch kaum wer kannte und wenn, dann nur eine auserwählte gruppe von militärs, abenteurern usw. ich trauere, dass es nichts großes mehr zu entdecken gibt, dass es kein "wo noch nie ein mensch zuvor gewesen ist" mehr gibt. würden flüge nach thailand nur 30 euro kosten und eine stunde dauern, wären jedes wochenende tausende studenten für kurztrips dort und das wird auch eines tages so sein. ich trauere der entwertung des exotischen nach. reisen wie sie alex von humboldt gemacht hat, sind nicht mehr möglich. die welt ist vermessen. das hat auch vorteile und es wird schön sein, wenn irgendwann die ganze welt in frieden lebt und auf einem level lebt, wenn asien, südamerika und afrifa auf europäischem niveau sind. ich darf darüber nicht klagen, ich darf mir schwerlich alte und auch oftmals härtere zeiten herbeiwünschen nur um mein bedürfnis nach exotik in sicherheit zu wünschen. aber ich trauere trotzdem.

mich stört auch die suche nach dem perfekten moment. es klingt zu sehr nach der suche nach dem perfekten beischlaf. das ist mir zu oberflächlich. und was ist schon noch besonders an einer reise zu einem anderen kontinent? ich sehne mich nach der tiefe des reisens, nach abseitigen pfaden.

lass mich dafür robert frost zitieren:

Two roads diverged in a yellow wood,
And sorry I could not travel both
And be one traveler, long I stood
And looked down one as far as I could
To where it bent in the undergrowth;

Then took the other, as just as fair,
And having perhaps the better claim,
Because it was grassy and wanted wear;
Though as for that the passing there
Had worn them really about the same,

And both that morning equally lay
In leaves no step had trodden black.
Oh, I kept the first for another day!
Yet knowing how way leads on to way,
I doubted if I should ever come back.

I shall be telling this with a sigh
Somewhere ages and ages hence:
Two roads diverged in a wood, and I -
I took the one less traveled by,
And that has made all the difference.

Trackback URL:
https://jan.twoday.net/stories/5742287/modTrackback

Trackbacks zu diesem Beitrag

trapa.twoday.net - 2009-06-17 15:01

Asien ist nichts Besonderes mehr

Habe eben in einem Blog gelesen:... [weiter]


Neuester Kommentar

Danke
Vielen Dank für diese Sätze: "Es sollte eine sehr gute...
Johanna (Gast) - 2013-12-05 10:34
Gut analysiert. Nur bei...
Gut analysiert. Nur bei der politischen Ausrichtung...
7an - 2013-10-10 15:08
Kein Interesse
Nur eine kurze Anmerkung. Journalisten denken von ihrem...
Otto Hildebrandt (Gast) - 2013-10-10 14:08

Suche

 



arbeitsprozesse
das schreiben
der autor
der journalismus
digitale welt
diplomtagebuch
freie presse
fundsachen
gedanken
journalismus-studium
medienbeobachtungen
meinung
panorama
persönliches
poeten
reisenotizen
... weitere
Profil
Abmelden
Weblog abonnieren