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Christian Kracht in Mainz

Vorgestern bei einer Lesung von Christian Kracht gewesen. Kracht, das ist ein ehemaliger Pop-Literat und vermeintlicher Dandy, der sich jedes Mal entschuldigt, wenn er sich beim Vorlesen verspricht. Doch vor allem war ich erstaunt, dass er dann wirklich vor mir saß im Kuz in Mainz.

Kracht, so hörte ich schließlich, sei ein medialer Geist, wohne angeblich in Argentinien, weilte die Tage in Malawi und hatte einmal eine deutsche Literatur-Zeitung mit Redaktionssitz in Kathmandu herausgegeben. Dafür, dass er so gut wie keine Interviews gibt, wird jedoch erstaunlich viel über ihn berichtet. Quer durch alle Feuilletons. Am besten ist die Portrait-Rezension im Spiegel von Philipp Oehmke.

Dann also huscht er in seinem beigen Übermantel an mir vorbei. Setzt sich hin. Schwarz geränderte Brille auf die Nase. "Hallo, ich lese dann mal gleich los." Und los geht es mit dem Kracht-Sound, dem sich selbst die Zeit unterordnet (eine Stunde vergehen wie gefühlte 20 Minuten). Er spricht ein bisschen heiser und recht leise obendrein, doch durch die Mikrofon-Verstärkung ist er nah bei einem, fast wie ein Vater am Bettrand.

Der Inhalt seines Buches "Ich werde hier sein im Sonnenschein und im Schatten" passt da vermeintlich gar nicht zu: eine alternative Gegenwart. Lenin hat die Schweiz damals nicht im verplombten Zug verlassen. Auf der ganzen Welt herrscht Krieg. Seit fast 100 Jahren. Im Mittelpunkt des Buches steht vor allem der Kampf der Schweizerischen Sowjetrepublik gegen die deutsch-britischen Faschisten. Dazu Luftschiffe im ewigen Schweizer Winter und Maschinengewehre auf Pferden. Und das alles geschrieben in einer präzise scharfen Sprache, die mit der von Ernst Jünger verglichen wird. Kracht klingt aber nicht bedrohlich. Sein Klang ist warm und einfühlend. Aber hört am besten selbst ...

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