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Die Burschenschaft vom Spiegel

Artikelempfehlung

Über das Arbeiten beim Spiegel:

So golden funkelte die Galeere, die Bänke schienen gut gepolstert. Es ist keine Strafe, beim Spiegel zu arbeiten: Feiner Lohn, hohes Sozialprestige, Kaffee und Archivmaterial werden gebracht. Man trifft viele gute, sogar einige richtig sympathische Leute. Sobald man seinem Namen am Telefon ein "Der Spiegel" folgen lässt, hört man, wie am anderen Ende die Hacken zusammengeschlagen werden. Das kann dem Selbstwertgefühl förderlich sein. Ich hatte es gut.

Nach wenigen Wochen aber war mir elend. Zunächst gab ich der Klimaanlage die Schuld. Dann dämmerte mir: Es ist das Binnenklima; diese obskuren, altmaskulinen, vordemokratischen Umgangsformen. Das durchritualisierte Weitpinkeln. Ich war in eine Burschenschaft geraten. Unter Männer, die beim Witz warteten, bis der Chef lacht. Die sich gegenseitig Wunden schlugen und sie dann stolz herzeigten. Die niemals die geringste Blöße zeigen durften.

Als ich einem Kollegen, der über einem schwierigen Thema brütete, einen interessanten neuen Artikel zeigte, riss er ihn mir aus der Hand, stopfte ihn ins Jackett und krähte: "Kenn ich schon!" Ich fragte einen der Superstars um Rat, einen Mann mit Herz. Der nickte wissend und erklärte mir, solches Befremden sei normal am Anfang. Er zum Beispiel habe das erste halbe Jahr "jeden Morgen gekotzt".

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Johanna (Gast) - 2013-12-05 10:34
Gut analysiert. Nur bei...
Gut analysiert. Nur bei der politischen Ausrichtung...
7an - 2013-10-10 15:08
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Otto Hildebrandt (Gast) - 2013-10-10 14:08

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