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Mittwoch, 7. September 2011

Midnight in Paris

Midnight in Paris ist ein wundervoller, selig machender Film - zumindest für Menschen mit einem Hauch Nostalgie. Ich selbst hatte Zweifel, bis ich den Film vorhin gesehen habe, aber diese Zweifel rührten vermutlich von dem Trailer, der so gut wie nichts von dem Kern des Films zeigt, sondern nur, wie wenig Lust der schriftstellernde Gil (Owen Wilson) auf die Aktivitäten seiner Verlobten, ihres Pseudo-Intellektuellen Bekannten und ihrer konservativen Eltern hat. Gil hingegen ist von seinen nächtlichen Trips angetan - die ihn ins Paris der 20er Jahre führen. Kein Traum, wie Regisseur Woody Allein zeigt, eher ein Märchen.

Gil trifft die ganze Künstler- und Literaten-Bagage des damaligen Paris: Hemingway, Dalí, Fitzgerald und viele mehr. Jeder, der nur einen Funken Sympathie für diese Gestalten hat, wird begeistert sein. Vielleicht ist Hemingway ein ganz klein bisschen zu klischeehaft geraten - oder war Hemingway nicht gerade so? Mich hat der Film jedenfalls überzeugt, er ist eine hinreißende Hommage an eine verlorene Epoche.

Zweifler wie Georg Diez schrieben im SPIEGEL der Film sei voller Klischees. Ulrich Greiner ist in der ZEIT schon weiter: "Nur der mittelmäßig begabte Künstler meidet das Klischee", schreibt er. "Der blutige Anfänger stürzt sich hinein und wird, weil er es nicht bemerkt, sein komisches Opfer. Der geniale Könner hingegen spielt mit dem Klischee." Diez bemängelt, man sehe keine schicksalslosen Migranten im heutigen Paris. Ich frage mich, ob er auch in tristen Banlieu-Filmen bemängelt, wenn man keine schönen Boulevards sieht. Diez schreibt, Allen benutze nur Abziehbilder, Klischees, aber gerade das ist das Hauptmotiv des Films - unser Denken in Klischees, und dass die alten Zeiten natürlich nicht so prachtvoll waren, wie wir glauben. Im Film wird das deutlich, wenn sich die Charaktere im Paris der 20er Jahre ins Belle Epoque am Ende des 19. Jahrhunderts wünschen, als die Welt noch nicht so turbulent gewesen sei.

Am Ende löst Allen alles ganz wundervoll auf. Was bleibt, ist die Erfahrung zumindest einmal auf der Leinwand gesehen zu haben, wie es wäre, ins Paris der 20er einzutauchen, einmal mit all den Legenden eine große Sause zu machen.

Wenn der Film schon vorbei ist, dauert es lange, bis man wieder in der Gegenwart angekommen ist. Selbst Berliner Hauptstraßen haben dann noch für etliche Minuten etwas Nostalgisches. Es gibt nicht viele Filme, die solch einen nachhaltigen Zauber besitzen.



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Otto Hildebrandt (Gast) - 2013-10-10 14:08

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