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Dienstag, 19. Mai 2009

Die Elitisierung des Prints

Die Journalisten prügeln sich. Print gegen Online. Es geht um nicht weniger als die Zukunft.

Auf der einen Seite macht das SZ-Magazin ein ganzes Heft über die Frage "Wozu Zeitung?". Den Sidekick gibt Miriam Meckel, Professorin für Kommunikationsmanagement, in einem FAS-Artikel. Die Botschaft von beiden: Qualitätsjournalismus ohne Print geht nicht.

Auf der anderen Seite kämpfen Handelsblatt-Blogger (und Print-Reporter) Thomas Knüwer und Klaus Meier, Professor für Online-Journalimus. Meier wirft SZ-Chefredakteur Hans Werner Kilz, der auch einen Beitrag für das Magazin geschrieben hat, vor allem Schlamperei vor, Knüwer hingegen haut gleich auf alle Printler (zu denen er ja auch immer noch halb gehört) ein und fragt, warum man überhaupt noch Zeitung lesen müsse, wenn am Vortag doch schon alles online steht. Zudem hätten doch innerhalb der Woche bestenfalls noch Top-Manager, Politiker, Rentner und Professoren Zeit für Printlektüre (was ja an sich schon mal eine merkwürdige Aussage ist).

Ein bisschen zwischen den Fronten steht (Print-)Journalist und Blogger Stefan Niggemeier und versucht mit einem 20.000 Zeichen-Beitrag irgendwie die Mitte zu finden.

Aber worüber streiten eigentlich alle wirklich? Um Qualität? Wohl kaum. Darum welches Medium in der nächsten Zukunft das meiste Ansehen haben wird? Auch das wohl nicht, denn der Print wird sein Ansehen noch lange bewahren.

Nein, es geht am Ende mal wieder nur um verletzte Eitelkeiten. Die Print-Redakteure fürchten Macht- und Geldverlust sowie ein erstarkendes Internet und die Netzjournalisten leiden unter ihren üblichen Minderwertigkeitskomplexen.

Aber eigentlich ist doch alles so einfach. Der Online-Journalismus wird immer mehr vom Kuchen haben wollen, wird immer wichtiger werden, wird immer mehr von den klassischen Print-Territorien erobern und obendrein noch als multimedialer Zwitter Charakter entwickeln. Dem Online-Journalismus sind aber auch Grenzen gesetzt. Die Königsdisziplinen wird er nie perfekt beherrschen.

Große Reportagen, sehr lange Interviews, kurz alles, was Zeit und Ruhe braucht und Muße bringt, ist im Internet wirkungsschwach und oft genug verschwendet. Das Netz lebt von seinem Tempo, seiner Bodenlosigkeit, seiner weltverbindenden Möglichkeiten und von seinem Stress.

Die großen und bisweilen extrem zeitaufwändigen journalistischen Genres verweigern sich aber diesem Stress - bei der Recherche, beim Schreiben und beim Lesen. Die alten Königinnen brauchen die würdevolle Ewigkeit bedruckten Papiers. Das Internet spricht viele Sprachen, aber nicht alle. Und natürlich ist es auch eine Frage der Dekadenz.

Selbst wenn es eines Tages das perfekte Online-Lesemedium geben wird, die Superfolie oder was auch immer, so werden besondere Texte und besondere Fotografie auf Hochglanzpapier immer noch mehr hermachen als auf einem Schirm gleich welcher Art. Die Frage ist nur, wie elitär die Käuferschicht sein wird.


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Otto Hildebrandt (Gast) - 2013-10-10 14:08

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