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Montag, 12. März 2007

Über das Altern und die Freude daran

Und schon ist er wieder vorbei, mein Geburtstag. Er war so kurz. Die Zeit, sie vergeht schnell. Ich bin jetzt 27 (und einen Tag alt) und schrecke hoch und wundere mich, wie ich so schnell so alt werden konnte. Die 30 naht. Es ist lächerlich, so zu denken und das Älterwerden hat mich nie bekümmert. Es hat vermutlich nie jemanden bekümmert - bis zu einem gewissen Alter.

Ich weiß nicht, warum wir Menschen der Jugend nachweinen - abgesehen davon, dass ich noch in meiner Jugend bin. Älterwerden ist toll. Ich möchte keinen Monat, den ich Wissen gesammelt und Charakter gebildet habe, vermissen. Doch mich beschleicht das Gefühl, etwas verpasst zu haben. Das mag ein Trugbild sein. Doch zumindest was das richtige Gefühl für die richtige Frau anbelangt, stimmt es. Dummerweise ist das quasi das Einzigste, wo der eigene Wille nicht viel Wert ist und Glück, Zufall und Schicksal herrschen.

Ich bin heute spät aufgstanden. Gegen 14 Uhr. Das ist sehr entscheidend für das Auflösen der Angst vor dem Altern. Ich hatte nicht viel vom Tag heute. Der Tag war wundervoll. Ein lachend, blauer Himmel, milde Luft, ein Tag in Schönschrift. Doch, wenn man den Morgen und den Mittag verschläft, bleibt nichts vom Tag. Man erledigt das Nötigste und bedauert, die wenige Zeit, die einem verbleibt. Mit dem Älterwerden ist es ähnlich. Am Anfang möchte man eh nur erwachsen werden. Dann ist man erwachsen und weiß nichts so recht damit anzufangen. Man hat Spaß, man ist unbekümmert. Und schwupps ist man Mitte 20 und bekommt zum ersten Mal ein Gefühl für das Altern und für die Vergangenheit. Denn erst mit Mitte 20 hat man die erste Phase des Erwachsenseins hinter sich, man hat sich bereits ein wenig verändert und reflektiert darüber. Und dann geht man plötzlich schon auf die Ende 20 zu.
Jede Zeit hat ihre Wunder, ihre Blüten. Verweilt man in einer Zeit zu lange, verpasst man die Blüten der nächsten. Doch was, wenn man eine Zeit nicht beenden konnte? Nicht die nötigen Erfahrungen machen konnte? Und was, wenn überhaupt keine neue Zeit mehr kommt? Wenn es nur noch eine Zeit mit immer denselben Inhalten gibt?

Leben bedeutet, kontinuierlich Neuland zu betreten. Neues zu erwarten. Die Jugend ist voll von Möglichkeiten und Träumen und deshalb so begehrenswert. Das ganze Leben liegt einem zu Füßen. Doch bei vielen Menschen ist es vorbei mit den Möglichkeiten, wenn sie fest im Beruf stecken und Familie haben. Beruf und Familie zur richtigen Zeit sind ein Geschenk, doch wenn dann nichts Neues mehr kommt, wenn man nur noch älter wird, dann kommt das Unbehagen.

Man muss sich also Möglichkeiten offenhalten - und gleichzeitig Bindungen eingehen. Man braucht neue Horizonte, neue Ziele, neue Hobbys, neue Tätigkeiten. Man muss die Dramaturgie aufrecht erhalten. Das soll nicht bedeuten, dass man laufend neue Partner und Berufe braucht - im Gegenteil, und doch ist es gefährlich, wenn man sich in der Ehe und im Beruf gemütlich eingenistet hat. Aber es beginnt viel früher. Es beginnt morgens. Jeden Morgen. Nagut, fast jeden Morgen.

Früher, als ich noch ein Kind war. Ich erinnere mich: Wir waren gerade in unser Haus eingezogen. Ich war sieben. Zu dieser Zeit (aber auch schon davor), da wachte ich am Wochenende immer früh morgens auf und dachte mir: "Mensch Jan, ein neuer Tag, wie wundervoll. Es gibt soviel zu entdecken. Schnell aus dem Bett. Bloß nichts verpassen."
Diese Haltung ist entscheidend. Man sollte den Tag, man sollte das Leben nicht verschlafen. Man sollte sich aber auch nicht gleichgültig in einen Rhythmus einfügen. Es gilt, sich die Freiheiten zu schaffen, um jeden Tag und jedes Jahr zu bejubeln, sich in neue Abenteuer und neue Aufgaben zu stürzen. Produktiv zu sein. In Ruhe ein Buch zu lesen gehört genau so dazu, wie ein Buch zu schreiben oder ein bestimmtes Ziel zu erreichen. Unser Leben liegt immer vor uns, egal wie alt wir sind. Wir müssen nur beständig die Weichen richtig stellen (und vor allem: selber Weichen erschaffen) und ab und an ein paar Kohlen nachwerfen.


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